Was tun, wenn der tägliche Gang zur Schule zum Horrortrip wird?

Saarbrücken · Die Saarbrücker Zeitung begleitet auch in diesem Jahr wieder die ARD/SR-Themenwoche mit eigenen Beiträgen. Dieses Mal lautet das Thema „Toleranz“. Zum Abschluss geht es heute um das Mobbing von Schülern.

"Auch wenn ich alleine bin, mach ich dich mit links kalt." Drohungen, verbale Attacken, Hänseleien. Schulalltag für Cheyenne B. (Name von der Redaktion geändert) aus Saarbrücken-Dudweiler. Eigentlich sollte für die Schülerin ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Doch auf der weiterführenden Schule ist jeder Tag wie ein einziger Spießrutenlauf. Ausgrenzen, fertig machen, schikanieren - so verhalten sich Cheyennes Klassenkameraden ihr gegenüber. "Es hat mit kleinen Sachen angefangen. Ich trug die gleichen Schuhe wie ein Mädchen aus meiner Klasse oder denselben Nagellack und schon hieß es 'nachgemacht'", erzählt die heute 16-Jährige. Was scheinbar harmlos begann, endete in jahrelangem Mobbing . "Einmal haben sie mir in der Pause etwas ins Getränk gemacht, danach fühlte ich mich tagelang krank, das war wirklich schlimm", erzählt sie. "Warum tut ihr das?", fragt Cheyenne ihre Mitschüler. "Weil's uns Spaß macht", antworten sie. Auch in sozialen Netzwerken hetzen sie gegen ihre Mitschülerin: "Du bist einzigartig! Denn niemand ist so hässlich wie du! Soo hässlich! Pfui! Geht gar nicht! Bäh!".

In typischer Täter-Manier treten sie stets in der Gruppe auf, sind mindestens zu zweit. Dabei steht für die Mobber nicht etwa das Anderssein ihres Opfers im Fokus, vielmehr dient es der Machtdemonstration, um sich in der Gruppe zu profilieren. Für Cheyenne jedoch ging es immer weiter bergab: schlechtere Noten, Bauchschmerzen, Schlafstörungen und Angst, in die Schule zu gehen. Doch was tun, wenn der tägliche Gang zur Schule zum Horrortrip wird?

Kriminalhauptkommissar und Mobbingexperte Hagen Berndt vom Landesinstitut für Präventives Handeln (LPH) rät, sich stets jemandem anzuvertrauen, um gemeinsam über Problemlösungen nachzudenken. Laut einer Studie werde jeder siebte Schüler gemobbt, wobei die Dunkelziffer wahrscheinlich höher liege. "Jeder kann Täter oder Opfer werden, es kann einfach jeden treffen und es zieht sich durch alle Schulformen hindurch", so Berndt. Um dem vorzubeugen, bietet das LPH zweimal im Jahr Mobbing-Interventions-Kurse an, in denen Lehrer, Schulsozialarbeiter und Psychologen lernen lernen, im konkreten Fall zu handeln.

Cheyenne aber fühlte sich allein gelassen, auch von ihren Lehrern. In einem Gespräch mit dem Schulsozialarbeiter entschuldigen sich ihre Peiniger, doch geändert habe sich nichts. "Die Schule hat alles runtergespielt, die Sache in einen Ordner abgeheftet, als wäre es nichts", beklagt die Schülerin. Einzig die Lehrerin der Parallelklasse erkannte die Situation und setzte sich dafür ein, dass Cheyenne die Klasse wechseln kann. Die Schulsozialarbeiterin der Gesamtschule Sulzbachtal Christine Ludwig räumt ein, dass jede Schule Bedarf an Mobbing-Prävention habe, sie aber in diesem Bereich auch sehr viel tun würden. "Wir haben verschiedene Interventions-Möglichkeiten, sind aber stets bemüht, schnell und restriktiv zu handeln, denn Mobbing soll nicht zum Selbstläufer werden", so Ludwig.

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