Was Stadtbewohner wollen

Saarbrücken · Seit 1991 beschäftigt sich der Städtebaubeirat mit der Entwicklung der Landeshauptstadt. Jetzt durften die Saarbrücker erstmals mitreden. Etwa 60 Leute hörten zu, und die Bauverwaltung musste viel erklären.

 Offene Runde, angeregter Austausch: der Städtebaubeirat mit Gästen im Rathausfestsaal. Foto: Oliver Dietze

Offene Runde, angeregter Austausch: der Städtebaubeirat mit Gästen im Rathausfestsaal. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Was tun Veranstalter, wenn die Moderatorin kurzfristig absagen muss? Sie nehmen das Mikrofon selbst in die Hand. Luca Kist und Sascha Saad schafften es so, am Dienstabend im Festsaal des Saarbrücker Rathauses eine mehr als zweistündige Veranstaltung mit rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu stemmen. Die erste öffentliche Sitzung des Saarbrücker Städtebaubeirates - eine Premiere mit kleinen Hindernissen.

Die Fishbowl-Methode, nach dem Goldfischglas benannt, ist eine Veranstaltungsform, bei der die Zuhörer aus dem Außenkreis als Redner in den Innenkreis und wieder zurück wechseln können. Sie bringt so im wahrsten Sinne Bewegung in Diskussionen. Am Dienstag waren die Stühle im Innenkreis neben den Beiratsmitgliedern Elmar Krämer, Luca Kist, Igor Torres und Sascha Saad sehr oft mit Mitgliedern der Stadtverwaltung besetzt: Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer, Bauamtsleiterin Monika Kunz, Grünamtsleiterin Carmen Dahms mussten viel erklären, befanden sich hin und wieder auch in der Defensive. Die Fragen des Publikums verlangten ihnen einiges ab. Etwa: Warum entstehen Neubaugebiete, obwohl so viele Gebäude leerstehen, die man zu Wohnungen umbauen könnte? Das, sagte Wandel-Hoefer, sei aus vielerlei Gründen (unter anderem Besitzverhältnisse) nicht einfach; auch wären solche Wohnungen am Ende nicht billiger als Eigentumswohnungen, die derzeit in der Stadt entstünden.

Weiterhin kam der Freiraumentwicklungsplan zur Sprache, ebenso wie der Verkehrsentwicklungsplan, der gerade mit Bürgerbeteiligung im Entstehen ist. Dezernentin und Amtsleiterinnen verwiesen darauf, dass die Stadtplanung ausführlich im Internet dokumentiert sei. Bloß: Dass sie dort stehen, bedeutet noch nicht, dass sie gefunden und auch verstanden werden. Manches sei, das sagte Beiratsvorsitzender Luca Kist, für die Bürger "zu sperrig und zu fachlich". Auch deshalb gibt es wohl viel Gesprächsbedarf in Sachen Stadtentwicklung .

Die vier Schwerpunkte des Beirates, die Verkehrsentwicklung, der öffentliche Raum, die Re-Urbanisierung und die Stadtentwicklung mittels Festivalisierung konnten nur angesprochen oder erwähnt, nicht aber vertieft werden. Eines der großen Themen: die vielen Autos, die Pendler, das Parken, der teuere öffentliche Personennahverkehr. Alte (Klage-)Lieder, von denen man fürchten muss, dass sie noch lange gesungen werden. Denn alle kennen das Problem, bloß niemand hat die Lösung.

Manchmal hilft in einer solchen Lage ja ein Lichtblick zwischendurch. Marlen Dittmann etwa, Architektin mit langjähriger Städtebaubeiratserfahrung, empfahl Besichtigungstouren durch die Stadt, bei denen viel Schönes zu erkunden sei. Ein Plädoyer zwischen all den beklagenswerten Fakten, das Empfinden für das Schöne in Saarbrücken nicht zu verlieren. Und davon gibt es einiges, wie ein Student belegte, der gerade am Bau der Skaterbahn im Bürgerpark beteiligt ist. Ein Park, von dem er nahezu schwärmte ("Man muss diesen Park beleben"), in dem sich viele Saarbrücker allerdings sehr unsicher fühlen und ihn deshalb meiden. Fachleute von außerhalb zieht er immer noch an und bekam von Landschaftsarchitekt Kist sogleich das Prädikat "Perle".

Die gehört wohl noch etwas poliert, damit alle sie endlich als solche erkennen. Doch soweit kam die Diskussion nicht, sie hüpfte munter weiter. Und endete, als die Zeit um war - ohne Fazit. Immerhin wissen wir jetzt, dass ein Stadt-Forum, wie der Städtebaubeirat es gerade begonnen hat, Zukunft haben sollte.

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Auf einen BlickDer Vorstand des Städtebaurates wurde im März 2014 neu gewählt. Ihm gehören für vier Jahre an: als Vorsitzender Luca Kist, Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt, als Stellvertreter Jens Stahnke, Dipl.-Ing. Architekt, als Schriftführer Igor Torres, Dipl.-Ing. Architekt, als stellvertretender Schriftführer Stefan Krüger, Dipl.-Ing. Architekt. Der Beirat wurde 1991 auf Anregung des damaligen Baudezernenten Horst Wagner ins Leben gerufen; er hat derzeit 19 Mitglieder und soll noch erweitert werden. Sein Ziel: stärkere städtebauliche Ausrichtung als bisher. red

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