Warum hat ein Mensch keine Arbeit?

Saarbrücken · Leute um die 30 überzeugen, eine Ausbildung zu machen, Grenzgängern helfen, Jugendliche in eine Lehre und Langzeitarbeitslose in die Arbeitswelt bringen, das hat sich Jürgen Haßdenteufel vorgenommen.

 Der neue oberste Arbeitsvermittler im Saarland: Jürgen Haßdenteufel. Foto: Iris Maurer

Der neue oberste Arbeitsvermittler im Saarland: Jürgen Haßdenteufel. Foto: Iris Maurer

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Der Mann kann mit Förderkulissen arbeiten, hat Bedarfsgemeinschaften im Blick, leistet Anpassungs- und Qualifizierungshilfen und will Menschen in Arbeit integrieren. Das klingt so umständlich wie seine Berufsbezeichnung: Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Saarland. Jürgen Haßdenteufel kann zwar mit all diesen Begriffen jonglieren, er will sich aber nicht dahinter verstecken. Der neue Chef der Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken weiß, was er will: Junge Leute sollen einen Ausbildungsplatz und Arbeit finden. Menschen, die schon lange ohne Job sind, sollen wieder arbeiten können. Und um das zu erreichen, sollen all diese Menschen ohne Job - in Saarbrücken und Kleinblittersdorf waren es Ende Juli 10 585 - "ganzheitlich" betrachtet werden.

Ganzheitlich - das erklärt Jürgen Haßdenteufel so: Wenn jemand ohne Arbeit ist, dann dürfe er nicht zu einer Nummer in der Kartei der Arbeitsagentur und des Jobcenters werden. "Wir müssen uns die Frage stellen: Was hindert diesen Menschen eigentlich an der Arbeitsaufnahme?" Bei der Suche nach einer Antwort komme der Arbeitsvermittler dann womöglich darauf, dass es nicht nur an der Qualifikation fehlt für einen der Jobs, die die Agentur zu vermitteln hat. Womöglich findet die oder der Arbeitslose niemanden, der sein oder ihr Kind oder pflegebedürftige Angehörige betreut, sei selbst gesundheitlich angeschlagen oder habe Probleme inm sozialen Umfeld. In solchen Fällen bringe es nichts, immer wieder Weiterbildungskurse anzubieten.

Haßdenteufel nennt ein Beispiel: Da habe es einen Jugendlichen gegeben, der eine Ausbildung begonnen hat, nach wenigen Tagen aber einfach nicht mehr kam. Es habe sich dann herausgestellt, dass der Jugendliche selbst gerne weiter gelernt hätte, sein Vater es ihm aber "ausgeredet" hat. Vater und Mutter lebten von Hartz IV. Der Junge war der einzige, der morgens aufstand. Und durch seinen Auszubildendenlohn gab es weniger Hartz IV für die Familie. Ganzheitlich zu arbeiten, hieß in diesem Fall: mit der Familie reden.

Reden, überzeugen - das sollen seine Mitarbeiter auch in vielen anderen Fällen, sagt Haßdenteufel. Zum Beispiel, wenn es darum geht, "Leute, die den Erstaufschlag verpasst haben", also nach der Schule keine Ausbildung gemacht haben, zu motivieren, auch mit 25, mit 30 oder sogar 35 noch zwei oder drei Jahre in die Lehre zu gehen. Die Chancen, danach eine Stelle zu finden, seien gut. Fachkräfte werden nämlich gesucht, sagt Haßdenteufel.

Deshalb wollen die Saarbrücker zusammen mit den lothringischen Arbeitsamts-Kollegen Arbeitssuchende in der Region künftig nicht nur wie bisher beraten, sondern auch grenzüberschreitend vermitteln. Im Spätsommer oder Frühherbst soll eine Vermittlungsstelle ihre Arbeit aufnehmen. Im Blick haben die Vermittler dabei vor allem Deutsche, die in Frankreich wohnen.

Wenn die ihre Arbeit verlieren, ist das französische Arbeitsamt zuständig. Oft scheitern Versuche, dort Hilfe zu bekommen, schon an der Sprache. Viele der Saarländer, die in Frankreich wohnen, sprechen kein oder schlechtes Französisch. Diese Leute will der neue Chef der Agentur für Arbeit im Saarland nicht verloren geben. Auch für sie soll es Hilfe geben - eine Förderkulisse.

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