Warum der Neubau so lange dauert

Saarbrücken · Bis der Neubau der Fechinger Talbrücke steht, werden mindestens acht Jahre vergehen. Die Planungs- und Genehmigungsphase nimmt dabei die meiste Zeit in Anspruch. Warum das so ist, hat sich SZ-Redakteurin Nora Ernst vom Landesverkehrsministerium erläutern lassen.

 Momentan ist die Fechinger Talbrücke gesperrt. Mitte Mai sollen provisorisch wieder Autos darüber fahren können. Foto: Becker&Bredel

Momentan ist die Fechinger Talbrücke gesperrt. Mitte Mai sollen provisorisch wieder Autos darüber fahren können. Foto: Becker&Bredel

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Üblicherweise dauert die Planungs- und Genehmigungsphase bei Bauvorhaben wie der Fechinger Talbrücke acht Jahre, hinzu kommen drei Jahre Bauzeit . Theoretisch könne die Planung auch in fünf Jahren zu schaffen sein, heißt es im Saar-Verkehrsministerium. Dies seien allerdings optimistische Schätzungen.

Derzeit steht der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) noch ganz am Anfang: Eine Machbarkeitsstudie wird erstellt, eine grobe Planung des Vorhabens. In einem Screening wird geprüft, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig ist. Dann wird eine Vorplanung erstellt, die laut Ministerium die meiste Zeit in Anspruch nimmt. Hierbei werden verschiedene Varianten untersucht. Also etwa: Was für eine Art Brücke wird gebaut? In welchem Bauverfahren ? Diese Varianten werden gegeneinander abgewogen. Am Ende entscheidet man sich für eine Vorzugsvariante. Steht diese fest, wird die Öffentlichkeit informiert: die Träger öffentlicher Belange, also beispielsweise Ministerien und Kommunen, aber auch Naturschutzverbände; zudem wird das Projekt in einer Bürgerversammlung vorgestellt.

Im Anschluss wird ein Vorentwurf erstellt: Eine sehr detaillierte Planung, die auch der Kostenberechnung dient. Derzeit liegen nur grobe Schätzungen vor: Rund 60 Millionen Euro soll der Bau den Bund kosten. Wird im Bestand gebaut, ist das laut Ministerium immer teurer als ein Neubau, allein wegen der Kosten für den Abriss der alten Brücke. Hinzu kommt, dass für die neue Brücke, die neben der alten entsteht, provisorisch eine Zufahrtsstraße gebaut werden muss. Die Kosten für die Planung, die geschätzt zehn Prozent der Baukosten betragen, trägt das Land.

Im Vorentwurf ist auch ein landschaftspflegerischer Begleitplan enthalten, der sehr aufwändig ist, weil erst einmal der Zustand von Natur und Landschaft erfasst werden muss. Dann wird ermittelt, welche Auswirkungen das Bauvorhaben auf die Natur haben wird, und es werden Ausgleichsmaßnahmen festgelegt. Fallen beispielsweise wertvolle Lebensräume, etwa Laichgewässer, weg, müssten diese an anderer Stelle neu angelegt werden. Haben Landes- und Bundesverkehrsministerium den Vorentwurf genehmigt, wird dieser in eine Genehmigungsplanung umgearbeitet, die die Grundlage für das Baurechtsverfahren ist. Darin wird festgelegt, ob möglicherweise Grundstücke für den Bau erworben werden müssen.

Dann beginnt das Baurechtsverfahren, für das es drei Optionen gibt: das Planfeststellungsverfahren , das Plangenehmigungsverfahren oder der Planverzicht. Wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, muss es zwingend ein Planfeststellungsverfahren geben, das langwierigste der drei Verfahren. In dieser Phase soll der Plan rechtssicher gemacht werden. Die Bürger haben einen Monat lang Zeit, die Pläne bei der Kommune einzusehen und Einwendungen zu formulieren. Aus den Unterlagen muss klar hervorgehen, welche öffentlichen Belange, beispielsweise im Naturschutz, und welche privaten Interessen, etwa Eigentum oder Lärmschutz, betroffen sind. Die Planfeststellungsbehörde - das Landesverkehrsministerium - beruft im Anschluss einen Erörterungstermin ein.

Wurde keine UVP durchgeführt und konnte der Bauträger sich vorab mit Behörden und Betroffenen einigen, reicht ein Plangenehmigungsverfahren, bei dem die Öffentlichkeit nicht beteiligt wird. Bei kleinen Bauvorhaben (sogenannte Fälle unwesentlicher Bedeutung) ist sogar ein Planverzicht möglich, wenn weder öffentliche noch private Belange betroffen sind. Das Planfeststellungsverfahren dauert in der Regel ein Jahr. Am Ende fasst die Behörde einen Planfeststellungsbeschluss, der zugleich die Baugenehmigung ist. Darin werden alle Interessen gegeneinander abgewogen und gegebenenfalls Auflagen für den Bau formuliert. Klagt ein Betroffener gegen diesen Beschluss, kann dies das gesamte Projekt verzögern.

Auf Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses wird die Ausführungsplanung erstellt - die exakten Baupläne. Theoretisch kann die Ausführungsplanung schon früher, parallel zum Baurechtsverfahren, begonnen werden. Allerdings läuft man dann Gefahr, wegen zusätzlicher Auflagen mit der Planung von vorne beginnen zu müssen.

Ausschreibung und Vergabe des Projekts dauern rund ein Jahr. Im Anschluss beginnt der eigentliche Bau, für den das Ministerium drei Jahre veranschlagt.

Acht Jahre oder mehr für den Bau einer Brücke? Vertretern von CDU , FDP und Grünen erscheint das zu lang, und so wurden Forderungen laut, die Planungs- und die Bauzeit zu verkürzen. Doch ist das überhaupt möglich? Das Verkehrsministerium hat erklärt, alle Möglichkeiten zur Beschleunigung nutzen zu wollen.

Viel Zeit ließe sich gewinnen, wenn statt eines Planfeststellungsverfahrens mit Beteiligung der Öffentlichkeit ein Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden könnte. Allerdings sei zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, ob das möglich ist, so ein Sprecher des Ministeriums, da unklar ist, was für eine Brücke überhaupt gebaut wird und welche privaten oder öffentlichen Belange dadurch betroffen wären.

Ist ein Bauvorhaben besonders dringlich, kann im Planfeststellungsbeschluss zudem "der sofortige Vollzug" angeordnet werden. Das heißt, dass Klagen keine aufschiebende Wirkung hätten, mit dem Bau könnte trotzdem sofort begonnen werden. Im Fall der Fechinger Talbrücke könnte dies gerechtfertigt sein, sagt der Sprecher.
Klagen nur in erster Instanz

Um den Klageweg verkürzen zu können, also nur Klagen in erster Instanz zuzulassen, wie es der Grünen-Bundestagsabgeordnete Markus Tressel vorgeschlagen hatte, müsste für die Brücke eine Sonderregelung des Bundesfernstraßengesetzes gelten. Darin ist geregelt, dass der Klageweg verkürzt werden kann, wenn mit dem Bau "schwerwiegende Verkehrsengpässe" beseitigt werden. Ob das möglich ist, wird laut Ministerium noch geprüft. Allerdings ist man beim Landesbetrieb für Straßenbau skeptisch, ob das auf die Fechinger Talbrücke zutrifft. Denn sollte der Verkehr Ende des Jahres, wenn wie geplant die Pfeiler verstärkt sind, wieder über die Brücke rollen, wäre der Engpass beseitigt.

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