Vorurteile sind schlimmer als Viren

Saarbrücken · Sie wurden ausgesetzt, schweren Herzens weggegeben oder waren nach dem Tode ihrer Besitzer unversorgt. Im Bertha-Bruch-Tierheim warten sie auf ein Zuhause. Wir stellen sie vor. Diesmal geht es um Kater, allesamt Fundtiere, die sich das Katzenaids-Virus FIV eingehandelt hatten. Sie müssen deswegen aber nicht krank werden. Und sie verdienen ein schönes Zuhause.

 Nero schmust sehr gern. Betreuerin Katja Hellwig macht ihm die Freude. Fotos: Barbara Cornetz

Nero schmust sehr gern. Betreuerin Katja Hellwig macht ihm die Freude. Fotos: Barbara Cornetz

Nero schnurrt wohlig, als Katja Hellwig ihm über den stattlichen Kopf streicht. So könnte das für den schönen Kater noch lange weitergehen. Nichts deutet bei diesem freundlichen und verschmusten Tier darauf hin, dass ein Erreger in seiner Blutbahn unterwegs ist. Er heißt FIV. Es ist das Virus, das Katzenaids auslösen kann. Aber nicht muss (siehe Einspalter rechts). Schon gar nicht, wenn es einem Kater so gut geht wie Nero. Er ist um die fünf Jahre alt und hat sich dieses FIV wahrscheinlich bei einem Kampf mit einem anderen Kater eingehandelt.

Folgenschwere Raufereien sind typisch für nicht kastrierte Tiere. Barbara Best und Tabatha Walter vom Bertha-Bruch-Heims reihen spät kastrierte Kater wie Nero in die größte Risikogruppe ein für eine Ansteckung mit FIV. Aber die Krankheit macht sich bei Nero noch nicht bemerkbar.

Schon heute fällt dagegen auf, dass er gelegentlich hinkt. Das hat nichts mit Erregern zu tun, sondern mit einer verformten Kniescheibe. Das Handicap sei mit einer Operation nicht zu beheben, aber damit komme Nero klar, sagen die Betreuerinnen. Sie halten ein leichtes Schmerzmittel für ausreichend.

Wenn Nero noch ein gutes, ruhiges Zuhause findet, kann er seinen Menschen lange Freude machen.

Mit Kuno ist es ganz ähnlich wie mit Nero. Irgendwann dürfte er mal heftig mit einem infizierten Artgenossen aneinandergeraten sein und sich dabei verletzt haben. Doch Kunos wilde Zeiten sind vorbei, nun da er schon gut zehn Jahre auf dem Buckel hat. Lieb und verschmust, wie er ist, halten ihn die Betreuerinnen für einen idealen Wohnungskater.

Name: Kuno

Alter: mindestens zehn Jahre

Rasse: Europäisch Kurzhaar

Kastriert: ja

Gesundheit: FIV-positiv

Besonderheiten: verschmust

Im Dunkeln liegt wie bei Nero und Kuno die Vorgeschichte von Max. Schließlich ist auch er ein Fundkater und schon um die zehn Jahre alt. "Anfangs sehr scheu, wird er von Tag zu Tag zutraulicher", sagt Heimsprecherin Tabatha Walter. Und sie weiß, was Max am liebsten im Napf hat. "Gekochtes Huhn ist sein Leibgericht. Dafür lässt er sich gern kraulen und schmust mit uns."

Damit Max' Katerglück im nächsten Lebensabschnitt von

Name: Max

Alter: mindestens zehn Jahre

Rasse: Europäisch Kurzhaar

Kastriert: ja

Gesundheit: FIV-positiv

Besonderheiten: verschmust

Dauer ist, wäre eine reine Wohnungshaltung bei Besitzern, die es gern ruhig haben, sicherlich das Beste für ihn. Wotan wurde vor einigen Jahren bei einer Kastrationsaktion operiert. Doch da hatte er sich womöglich schon das Katzenaids-Virus eingehandelt.

Und es sollte noch eine ganze Weile dauern, bis er ins Bertha-Bruch-Tierheim kam. Zunächst fütterten ihn liebe Menschen. Aber zu ihnen ins Warme durfte er nicht. Dabei mag der Wotan

Name: Wotan

Alter: mindestens zehn Jahre

Rasse: Europäisch Kurzhaar

Kastriert: ja

Gesundheit: FIV-positiv

Besonderheiten: gemütlich

die Behaglichkeit einer Wohnung und wäre ein idealer Hausgenosse für Senioren. Er ist sehr ruhig und gemütlich. Und das strahlen ältere Katzen ja in ihre Umgebung aus. Zur Freude ihrer Besitzer, denen das Wesen ihres Freundes wichtiger ist als ein Virus.

Weitere Informationen über die Katzen in dieser Serienfolge gibt es im Bertha-Bruch-Tierheim täglich (außer montags) unter Telefon (06 81) 5 35 30.

Saarbrücken . Das Bertha-Bruch-Tierheim hat sieben Katzen aufgenommen, die das Katzenaids-Virus in sich tragen. "Das sind so viele wie noch nie", sagt Expertin Barbara Best. Sie will Irrtümer aus der Welt schaffen und mit Fakten die Vermittlungsaussichten der Tiere verbessern.

Eines vorneweg: Das FI-Virus wird nicht von der Katze auf den Menschen übertragen. Nun zu den tierischen Betroffenen: Kater sind infektionsgefährdet, wenn sie, weil nicht kastriert, mit Artgenossen aneinandergeraten. Dagegen stecken sich weibliche Tiere häufig beim Deckakt an. "Das sehen wir bei Kitty und ihrer Kollegin Livia, die bei uns im Tierheim leben", sagt Best. Dagegen geben die Muttertiere den Erreger offenbar nur sehr selten an ihren Nachwuchs weiter. Und selbst infizierte Katzen können jahrelang völlig gesund leben und haben bei guter Haltung eine völlig normale Lebenserwartung.

Wohnungshaltung ist das Beste

Dabei ist allerdings einiges zu beachten. "Man sollte FIV-Katzen zu ihrem eigenen Schutz nur in der Wohnung halten, damit sie einem geringen Infektionsrisiko ausgesetzt sind."

Best und ihre Mitstreiterinnen wissen durchaus, dass ein Leben in der Wohnung rund um die Uhr nicht jeder Katze gefällt. "Unsere älteren Kater wie Wotan, Kuno oder Max wären mit der Wohnungshaltung sicher ganz zufrieden. Katern wie Nero, die ihr Leben lang draußen waren, ist das aber nur schwer schmackhaft zu machen." Für sie wäre ein gesicherter Freigang, etwa in einem umzäunten großen Garten, das Beste. Und natürlich brauchen auch diese älteren Kater die Nähe ihres neuen Menschen.

Schnelltests haben ihre Tücken

Barbara Best rät Katzenbesitzern dringend, sich nicht gleich mit dem Testergebnis FIV-positiv abzufinden. "Schnelltests sind oft falsch." Deshalb sollte ein weiterer Test diesen Befund bestätigen. Und selbst wenn das der Fall ist, haben Mensch und Tier gute Aussichten, noch eine lange Zeit miteinander zu verbringen. Kennerin Best weiß aus Erfahrung: "FIV-Katzen können eine normale Lebenserwartung haben. Es gibt keinen Grund, sie im Tierheim zu vergessen, denn sie sind genauso liebenswert wie ihre Artgenossen und haben wie sie ein schönes Zuhause verdient."

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