Vor Operation steht oft „langer Leidensweg“

Saarbrücken · Für Krankenkassen sind OPs zur Magenverkleinerung von schwer Übergewichtigen teuer. Dass sie vor allem eine lukrative Einnahmequelle für Kliniken seien, weist der Leiter des Adipositaszentrums auf dem Saarbrücker Winterberg entschieden zurück.

Der Vorwurf von Krankenkassen, dass operative Magenverkleinerungen vor allem ein Trend seien, der das Abnehmen lediglich vereinfache (wir berichteten), hat unter Betroffenen und Medizinern heftige Kritik ausgelöst. "Patienten, die sich für eine OP entscheiden beziehungsweise denen aus medizinischer Sicht dringend eine OP angeraten werden muss, haben einen langen Leidensweg mit unzähligen Diäten und Abnehmversuchen hinter sich und oftmals viel eigenes Kapital investiert", erklärt Daniel Schubert, Leiter des Adipositaszentrums auf dem Saarbrücker Winterberg. "Das häufig angeführte Argument: Sich unters Messer zulegen, weil's am einfachsten ist, trifft nicht die Realität und wird der in Lebensqualität (und Lebenserwartung) erheblich eingeschränkten Patientengruppe nicht gerecht", so Schubert. Unter anderem der Verband der Ersatzkassen (Vdek) im Saarland hatte den Verdacht geäußert, dass Kliniken die OPs als "lukrative Einnahmequelle betrachten und ohne Not solche Eingriffe vornehmen".

Zwar sei es richtig, dass die Zahl von Adipositas-Patienten (krankhaft Übergewichtige mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 30) sprunghaft zugenommen habe, so Schubert. Die extreme Form der Adipositas (BMI über 40) habe sich in den letzten zehn Jahren sogar nahezu verdoppelt auf aktuell fünf Prozent der deutschen Bevölkerung. Auch habe die Zahl der sogenannten bariatrischen Operationen (Magenverkleinerungs-OPs) in den letzten Jahren stetig zugenommen. Daraus dürfe aber nicht geschlussfolgert werden, dass die OPs jenseits der Notwendigkeit durchgeführt würden. "Die Adipositaschirurgie ist nachweislich die effektivste Maßnahme zur Gewichtsreduktion bei krankhaft Adipösen und konservativen Maßnahmen beziehungsweise der rein medikamentösen Therapie weit überlegen", so Schubert. Natürlich hätten schwer Übergewichtige "einen erhöhten Ressourcen-Verbrauch mit Blick auf Krankheitskosten", was "eine enorme Herausforderung für die Kostenträger, die Gesundheitspolitik, und uns Mediziner" bedeute. Aber "der Erlös der Operation ist in Relation zum Aufwand nicht so lukrativ wie einige denken". Zudem würden Magenverkleinerungen bei Fettleibigen von den Kassen nur unter bestimmten Voraussetzungen und nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst finanziert. "Das heißt, die von den Kassen oft monierte Zunahme der OP-Frequenz hierzulande unterliegt im eigentlichen Sinne nicht dem ärztlichen Handeln, sondern der Einschätzung durch die Krankenkassen", so Schubert.

Ein Betroffener ist Leo Wagner. "Ich bin Diabetiker und habe mich vor Jahren - ausgelöst von der Insulin-Einnahme - auf 140 Kilogramm ,hochgefressen'. Ein Arzt hat mir schließlich eine OP vorgeschlagen. Danach habe ich innerhalb eines halben Jahres 65 Kilogramm abgenommen und dieses Gewicht bis heute in etwa halten können." Die OP habe sein Leben verändert. "Sie war ganz wichtig, um mein Gewicht überhaupt reduzieren zu können", sagt Wagner.

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