Vor allem Jungen sind hyperaktiv

Regionalverband · Immer mehr Jungen und Mädchen leiden an einem Aufmerksamkeitsdefizit. Doch nicht jedes Kind, das unruhig und zappelig ist, muss gleich mit Medikamenten behandelt werden.

Im Regionalverband Saarbrücken leiden immer mehr Kinder und Jugendliche unter dem sogenannten Zappelphilipp-Syndrom (ADHS). Nach Information der Krankenkasse DAK-Gesundheit hatten 2011 4,6 Prozent der Fünf- bis 14-Jährigen eine ADHS-Diagnose. Damit liegt der Regionalverband im bundesweiten Durchschnitt von 4,4 Prozent.

Im Vergleich zum Jahr 2008 bedeutet das aber einen Anstieg um 0,3 Prozent. Die Kasse beruft sich dabei auf repräsentative Daten aus dem im Dezember veröffentlichten "Versorgungsatlas" des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung. Laut Landesamt für Statistik leben 25 184 Kinder in diesem Alter im Regionalverband (Stand: Ende 2013). Damit wären rund 1158 Jungs und Mädchen von ADHS betroffen.

Bundesweit litten nach Expertenschätzungen rund 325 000 Schüler unter ADHS. Im Regionalverband Saarbrücken waren Jungen häufiger von der Diagnose betroffen als Mädchen : Ärzte schätzten hier 7,1 Prozent aller Jungen als krankhaft hyperaktiv ein - aber nur zwei Prozent aller Mädchen . Für Claus Uebel, Pressesprecher der DAK-Südwest, ist das vor allem der Veranlagung geschuldet. Doch gerade bei den Jungen ist nicht ausgeschlossen, dass der Anstieg zum Teil auch durch falsche Diagnosen verursacht wird. Obwohl Ärzte etwas häufiger eine ADHS-Diagnose stellen als früher, gibt es keinen Anstieg bei den entsprechenden Medikamenten. Die Arzneimitteldaten der DAK-Gesundheit zeigen sogar zwischen 2011 und 2013 einen Rückgang um zehn Prozent. Ursache sind vermutlich die strengeren Arzneimittelrichtlinien. Seit 2010 dürfen allein Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen die Medikamente verordnen. "Nicht jeder Hausarzt kann Medikamente wie Ritalin einfach so verschreiben. Das dürfen nur zugelassene Ärzte wie zum Beispiel Kinderpsychiater", erläutert Claus Uebel. Bevor man zu medikamentöser Behandlung greife, versuchen die Ärzte die aufgeladene Energie anders in Griff zu bekommen. "Sie empfehlen den Eltern mehr Sport und Spiele an der frischen Luft für ihr Kind. Heute verbringen Kinder viel Zeit vorm Fernsehen oder dem Laptop. Bewegung kommt oft zu kurz ", erläutert Uebel. Liege eine medizinische Grundlage vor, sei die ADHS-Diagnose dennoch ernst zu nehmen. "Eine starke Aufmerksamkeitsstörung macht den Alltag für die Betroffenen und für ihre Familien extrem schwer. Außerdem kann sie das Risiko für Depressionen, Süchte und Unfälle erhöhen", sagt Petra Maas, Leiterin der DAK-Gesundheit in Saarbrücken.

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