Von wegen trostloses Provinzdasein

Saarbrücken · Mit Geld für Studierende und Praxen will das Saarland die hausärztliche Versorgung auf dem Land sicherstellen.

 Einen Hausarzt in der Nähe des Wohnortes zu haben, ist besonders für Senioren wichtig. In Zukunft könnte das im Saarland aber schwieriger werden. Foto: Benjamin Ulmer/dpa

Einen Hausarzt in der Nähe des Wohnortes zu haben, ist besonders für Senioren wichtig. In Zukunft könnte das im Saarland aber schwieriger werden. Foto: Benjamin Ulmer/dpa

Foto: Benjamin Ulmer/dpa

Ein Leben als Landarzt? Viele Medizinstudenten können sich das nicht vorstellen - zu stark verbinden sie mit diesem Beruf volle Wartezimmer mit wenig Abwechslung bei den Krankheitsfällen sowie weite Fahrten zu Hausbesuchen.

Noch sei die Versorgungslage im Saarland nicht prekär, betonte gestern Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU). Derzeit seien 669 Hausärzte im Saarland tätig, von denen 224 in den nächsten fünf Jahren das 65. Lebensjahr erreichten. "Da es für Vertragsärzte keine Altersgrenze gibt, kann unsererseits keine Zahl beziffert werden, wie viele Hausärzte in den nächsten fünf Jahren ihre Praxis aufgeben werden. Mit konkreten Engpässen ist in dieser Zeit im Saarland allerdings nicht zu rechnen", sagte die Ministerin.

Aber um sicher zu stellen, dass auch in Zukunft eine flächendeckende und möglichst wohnortnahe medizinische Versorgung gewährleistet ist, müsse der Beruf des Landarztes attraktiver gemacht werden. Dazu gehörten im Saarland das neue Stipendien-Programm sowie die Absicht, einen Teil der Studienplätze an Studierende zu vergeben, die sich dazu verpflichten, später als Landarzt im Saarland zu arbeiten.

Darüber hinaus hat das Gesundheitsministerium ein 200 000 Euro starkes Förderprogramm für Hausärzte in ländlichen Regionen aufgelegt, das rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft tritt. Damit können bis zu 20 Praxisübernahmen und -neuzulassungen im ländlichen Raum mit je 10 000 Euro unterstützt werden. Die Bildung einer Praxis-Filiale im ländlichen Raum kann mit 2500 Euro gefördert werden.

Um den Hausarzt zu entlasten, qualifiziere das Land medizinische Fachangestellte (früher: Arzthelferin) zur "Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis" (VERAH) weiter. Diese könnten Hausbesuche übernehmen, etwa bei denen dem Patienten der Blutdruck gemessen werden müsse. Bis Ende 2016 seien 151 medizinische Fachangestellte zu "Verahs" weitergebildet worden, sie seien in 129 Arztpraxen beschäftigt.

Die Kassenärztliche Vereinigung Saarland (KV) begrüßte die zusätzlichen Förderinstrumente des Landes. "In Anbetracht der demografischen Entwicklung braucht es erhebliche Anstrengungen, um die gleichmäßige, flächendeckende Versorgung aufrechtzuerhalten", sagte der stellvertretende KV-Vorstandsvorsitzende Joachim Meiser. Auch die KV unterstütze in Regionen, in denen eine Unterversorgung drohe - wie im Waderner Raum - Praxisgründer mit Investitionskostenzuschüssen. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser zu gestalten, würden Kooperationen und Teilzeittätigkeiten in der Praxis finanziert. Um Studierende für den Beruf des Hausarztes zu interessieren, fördere die KV den Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Uniklinik Homburg. Auch investiere man in die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin. "Aber auch die Gemeinden sollten im Sinne der allgemeinen Daseinsfürsorge aktiver werden", sagte Meiser und forderte Gesundheitslotsen für jede Gemeinde, die alle Akteure im Gesundheitswesen vernetzen.

Dem Klischee, Landärzte fristeten ein trostloses Provinzdasein, trat Dr. Gundula Zimper vom Vorstand des saarländischen Hausärzteverbandes entgegen. "Hausarzt ist der schönste Beruf. Es wird nie langweilig. Die Diagnosestellungen gehen auch weit über Husten und Schnupfen hinaus", sagte sie. Vieles habe sich bereits verbessert: durch die Neuorganisation des Bereitschaftsdienstes habe sie nur noch vier Nachtdienste im Jahr. Auch sei die Residenzpflicht, also die Verpflichtung des Arztes, nicht mehr als zehn Kilometer von der Praxis entfernt zu wohnen, aufgehoben worden. Dies erleichtere auch die familiäre Organisation, da es mitunter für den Partner schwierig sein könnte, im ländlichen Raum Arbeit zu finden. "Die finanzielle Zuwendung von 10 000 Euro durch das Land kann bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein", glaubt Zimper.

Die Förderung kann beantragt werden beim Landesamt für Soziales. Infos unter Tel. (0681) 99780 oder per E-Mail an: poststelle@las.saarland.de

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