Vom Zauber der kleinen Momente
Seit 2000 leiten die österreichische Altsaxofonistin Karolina Strassmayer und ihr Ehemann, der New Yorker Schlagzeuger Drori Mondlak, die Formation „KLARO!“. Nun stellt das Quartett sein aktuelles Album „Small Moments“ auf dem Jazz-Festival Saarbrücken vor. SZ-Mitarbeiterin Kerstin Krämer hat mit den beiden Bandleadern gesprochen.
Karolina, Sie sind in der Steiermark mit Volksmusik und Klassik aufgewachsen. Wie kamen Sie zum Jazz und zum Saxofon? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Strassmayer: Ich spielte Klavier und Querflöte als Kind. Als ich auf der langen Zugfahrt in die Schule zufällig eine Kassette von Miles Davis von einer Schulfreundin bekam, erwischte es mich. Ich hörte den Altsaxophonisten Julian "Cannonball" Adderley und war sofort von der Power des Saxophons und des Jazz fasziniert, obwohl ich überhaupt nichts davon verstand. Mein Großvater war Kapellmeister in Bad Aussee und brachte mich zu einem der Klarinettisten seines Orchesters, der vor vielen Jahren Saxophon gespielt hatte. Das Saxophon lag jahrzehntelang im Schrank, bevor ich reinhupen durfte. Das Saxophon ist ein sehr ausdrucksstarkes Instrument, es hat einen wunderschön warmen Ton und kann gleichzeitig sehr knackig phrasieren. Und außerdem war es in den Augen einer 17-Jährigen viel cooler als die Querflöte.
Sie haben in Graz studiert und wollten für Ihr Stipendium in New York City eigentlich nur ein Semester in Amerika bleiben. Warum sind Sie geblieben, haben heute sogar Ihren Zweitwohnsitz in New York?
Strassmayer: Die Stadt hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Die Energie und das Tempo haben mich motiviert und oft an meine Grenzen gebracht. Das hat mir nach meiner idyllischen alpinen Kindheit sehr gut getan. Ich habe dann fast 15 Jahre in New York gelebt, bis ich 2004 zur WDR Big Band nach Köln kam. Seither verbringe ich die meiste Zeit in Köln und fahre regelmäßig nach New York zum Auftanken.
Drori, Sie haben zusammen mit Karolina die Formation "Karolina Strassmayer & Drori Mondlak -- KLARO!" gegründet. Die Live-Besetzung Saxofon, Vibrafon, Kontrabass und Schlagzeug ist nicht eben alltäglich. Wo fließt der gemeinsame musikalische Atem, wie würden Sie den Stil Ihres Quartetts beschreiben?
Mondlak: Unsere Musik verbindet die Romantik von europäischer Klassik und Folklore mit dem rhythmischen Feuer und Swing der amerikanischen Jazztradition und der harmonischen Raffinesse zeitgenössischer improvisierter Musik. Die meisten Lieder komponiert Karolina, ich steuere auch welche bei. Die Vermittlung von Schönheit in all ihrer Intensität hat oberste Priorität. Das Vibrafon bringt eine gewisse Transparenz und Leichtigkeit in den Sound. Ich mag, wie sein Klang mit dem der anderen Instrumente verschmilzt. Der Ton-Umfang des Vibrafons ermöglicht Kontrabass, Bass Drum und tiefen Tom-Toms ihren eigenen Platz im Klangspektrum.
Karolina, was bedeutet der Titel Ihrer neuen CD "Small Moments"?
Strassmayer: Der Name ist der Erkenntnis gewidmet, dass sich gerade in alltäglichen Momenten sehr viel Tiefe verbergen kann, wenn man nur hinsieht.
Wie stressig ist Ihr Leben zwischen Köln und New York, zwischen WDR-Bigband und "Klaro!"?
Strassmayer: Das ist nicht stressig! Das gibt mir Kraft. Ich möchte keinen dieser Pole missen. In Köln genieße ich die Ruhe, das eher strukturierte Leben; in New York sause ich von einer Action zur nächsten. In der Big Band genieße ich, Teil eines Ganzen zu sein, eines Klangkörpers mit ungeheurer Strahlkraft. Bei KLARO! entdecke ich immer mehr die "Small Moments".
Konzert im Programm des Saarbrücker Jazzfestivals: Montag, 11. November, 20 Uhr, Domicil Leidinger.
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