Vom Raufen zum Ringen

Saarbrücken · Der Deutsche Ringer-Bund bietet erstmals eine Qualifizierung für den Nachwuchs an. Das Saarland wird als Vorreiter im Juli Prüfungen für das Wieselabzeichen abhalten. 55 Kinder haben nun begonnen, zu trainieren.

 In Vorbereitung auf das Wieselabzeichen haben 55 Kinder an der Sportschule Grundtechniken im Ringen kennengelernt. Foto: Zinßmeister

In Vorbereitung auf das Wieselabzeichen haben 55 Kinder an der Sportschule Grundtechniken im Ringen kennengelernt. Foto: Zinßmeister

Foto: Zinßmeister

Auf den ersten Blick sieht es aus wie Raufen. Doch es ist kontrollierter, fast elegant. 55 Kinder werfen sich gegenseitig auf die weichen Matten in der Ringerhalle in der Saarbrücker Hermann-Neuberger-Sportschule. Sie bereiten sich auf den großen Tag im Juli vor, an dem sie zur Prüfung für das Wieselabzeichen antreten.

"Das Wichtigste ist, dass ihr dem Gegner in die Augen schaut. Dort, wo die Augen hingehen, geht auch die Bewegung hin", erklärt Kurt Spaniol seinen Schützlingen beim Grundlagentraining. Der erfahrene Ringer hat die Nachwuchssportler und insgesamt 20 Trainer aus dem Saarland und Nordbaden eingeladen, damit sie die Bedingungen für das Wieselabzeichen praktisch kennenlernen. "Das Abzeichen wird erstmals eingeführt und ist bundesweit gültig. Das Saarland ist dabei Vorreiter der insgesamt 19 deutschen Landesverbände", sagt Spaniol.

Seit Jahren sei der Deutsche Ringer-Bund (DRB) bemüht, ein Abzeichen zur Qualifizierung der Kinder- und Jugendringer einzuführen. Basierend auf dem ersten Fachbuch "Ich lerne Ringen" von Olympia-Ringer Lothar Ruch trainieren die jungen Sportler die wichtigsten Grundlagen, die auch im Schul- und Breitensport direkte Anwendung finden können. Außerdem steht das Erlernen einer Vielzahl an Ringkampf-Techniken im Standringen und Bodenringen im Vordergrund. Nun wird an der Landessportschule intensiv dafür geübt. "Dies ist die zweite Veranstaltung in diesem Rahmen. Vorab haben wir die Trainer eingeladen und mit den Inhalten des Abzeichens vertraut gemacht", sagt Spaniol.

Nach dem Grundlagentraining geht es ans Eingemachte: An sechs Stationen trainieren die Jungen und Mädchen mit den Betreuern die Angriffstechniken. Die Kinder sind sehr ausgeglichen und haben sichtlich Spaß am Sport. Wyatt Riebes und Leon Lenkert vom KSV Eppelborn zeigen sehr viel motorisches Geschick und wenden ausgeklügelte Techniken an.

Die Verbindung von Bewegung und kognitiven Fähigkeiten zeichnet das Ringen aus. Deswegen hat Paul Schneider, Mitglied der Lehrplankommission, das "Raufen und Ringen" in den Sportlehrplan eingebracht. "Wir bekommen von den Schulen nur positive Rückmeldungen. Ich war 41 Jahre aktiver Ringer und freue mich, immer wieder aufs Neue zu sehen, welche Disziplin die Kinder bereits im Grundschulalter an den Tag legen." Im Ringen werden auch Konfliktfähigkeit und Selbstbewusstsein gestärkt: "Bei den Jungs werden Sie keinen Streit sehen - Fairness lernen sie von Anfang an."

Die positive Wirkung des Trainings ist den Kindern selbst auch bewusst. Olivia Makusch und ihre ältere Schwester Aleksandra haben eine große Portion an Selbstsicherheit gewonnen. "Seitdem ich ringe, fühle ich mich stärker - auch in der Schule", sagt die zehnjährige Aleksandra. Seit drei Jahren ist sie Mitglied beim KSV Köllerbach . Bis zum zwölften Lebensjahr ringen die Jungen und Mädchen hier zusammen.

Einige der Kinder trainieren seit dem Kindergartenalter, wie die Zehnjährigen Jaro Scherpf (AC Heusweiler) und Dennis Pitsch (ASV Hüttigweiler). Die beiden haben sich als Trainingspaar zusammengefunden. "Ringen, das ist nicht so wie Fußball. Du kannst auch deine Wut rauslassen. Und das, ohne jemandem wehzutun", erzählt Dennis. Jaro sei ein starker Gegner. "Aber wir halten jetzt nicht richtig dagegen, es geht ja ums Lernen", sagen beide. Sie wollen im Juli die Prüfung zum Wieselabzeichen machen.

Auch die beiden Söhne des Olympia-Ringers und mehrfachen deutschen Meisters Konstantin Schneider sind beim Nachwuchs dabei. Bis zum Sommer werden sie alle in ihren Vereinen auf das Wieselabzeichen vorbereitet, das in der Landessportschule abgenommen wird. Die Kinder sind dann dazu qualifiziert, sich einen Ringkampfausweis zu bestellen.

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Hintergrund Das Wieselabzeichen macht erstmals in der Geschichte des Deutschen Ringer-Bundes das systematische Abprüfen von Trainingsinhalten der Kinder- und Jugendringer (sechs bis 14 Jahre) möglich. Im ersten Teil werden die Grundlagen des Ringens vermittelt. Im zweiten Teil erlernen die Kinder mindestens zehn Stand- und fünf Bodentechniken. Der Grundgedanke ist die zielgerichtete Auseinandersetzung mit der Sportart und sich selbst. Der Erwerb eines variablen Repertoires an Angriffstechniken wird als Grundlage für den Übergang in den Leistungssport gesehen. jaz

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