Vom Glauben an die Currywurst

Dass die Muttergottes an der Wand hängt, deutet wohl ganz ohne Absicht darauf hin: Die Currywurst hat etwas Religiöses. Nicht nur die, die seit Anfang des Monats in der Kaltenbachstraße geschnippelt wird.

Die aber vielleicht besonders, denn in Kalinskis Wurtswirtschaft soll die Currywurst nicht nur der Sättigung und dem Genuss dienen, sondern auch dem Frieden zwischen den Generationen.

Für die ältere Generation, sagt Josef K., sei die Currywurst immer schon eine Art Grundnahrunsmittel gewesen. Die Jungen seien dagegen eher mit Pizza, Burger und Kebab aufgewachsen. Bei Kalinskis am Markt treffen sie nun aber alle zusammen. Da steht der Junge mit dem Skateboard ebenso an und wartet auf die Wurst, wie der elegante Herr im Dreiteiler.

Dabei haben die Gebrüder Kalinski, die gar nicht Kalinski heißen, sondern Josef Klein und Thilo Nast, die Currywurst nicht neu erfunden. An und in der Diskontoschenke wurde etwa gerade mehr Raum für Wurst und Pommes geschaffen. Dass auf dem Rabbiner-Rülf-Platz jetzt keine Taxen mehr stehen, hat Diskontoschenken-Wirt Charly Fuhrmann genutzt, um Stühle und Tische rauszustellen - "Biergarten" nennt er das.

Und wer zur Currywurst gerne Champagner trinkt, bekommt den am St. Johanner Markt nicht nur bei den Kalinskis, sondern auch in der Fox-Bar des Hotel Fuchs. Die Edelbrause-Wurst-Kombination deutet darauf hin: Hier geht es nicht um Fast-Food, also nicht einfach um schnelles Essen. Die Gäste sollen sich setzen, reden, sich wohlfühlen, sagt Josef Klein.

Er und sein Kalinski-Bruder helfen den Leuten durch die Einrichtung ihres Ladens dabei, etwas Tempo aus dem Leben zu nehmen. In der Wurstwirtschaft scheint die Zeit nämlich stehengeblieben zu sein. Die Tapete scheint so alt wie die Theke und der Schrank.

Was wirkt, als habe da mal eben jemand Omas Wohnung ausgeräumt, ist in Wirklichkeit ein gutes Stück Arbeit gewesen. Bis nach Amsterdam seien sie gefahren, um den Holzfußboden aufzutreiben, sagt Josef Klein. Die anderen Sachen haben die Kalinskis in ganz Deutschland zusammengesucht.

Aber warum Kalinski? Weil es sich gut anhöre, wenn man sagt: "Lass uns ins Kalinski gehen", erklärt Josef Stein. Weil Kalinski irgendwie nach Wurst klingt. Und wohl auch, weil etwas, das einen wirklich interessiert (und was die Kalinskis da machen, interessiere sie wirklich, sagt Josef Stein), und an das man glaubt, einen eigenen Namen haben muss.

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