Virtuose sprengt gern Grenzen

Steve Vai (53) gehört seit Jahrzehnten zu den wandlungsfähigsten Gitarrenvirtuosen unserer Zeit. Egal, ob er mit Frank Zappa oder Whitesnake spielte, im G-3-Allstar-Projekt mit Joe Satriani oder mit dem Tokioter Metropolitan Symphonieorchester, immer überzeugte der vierfache GrammyAwards-Gewinner. Der Altmeister kommt am Freitag, 4. Oktober, nach Saarbrücken in die „Garage“, wo er seine aktuelle CD „The Story Of Light“ vorstellen wird. SZ-Mitarbeiter André de Vos wollte von Steve Vai wissen, wie er sich als Musiker versteht.

Manche Leute bezeichnen dich als den besten, manche als den schnellsten Gitarristen der Welt. Was denkst du darüber, und wie wichtig sind diese Attribute für dich überhaupt?

Steve Vai: Zuallererst ist es eine Reputation, die man sich erwirbt, und ich meine, sie ist nicht ganz zutreffend. Ich kenne Gitarristen, die viel schneller als ich spielen können. Ich mag es zwar, schnell zu spielen, weil es mir hilft, meine Ideen umzusetzen, die ich sonst nicht verwirklichen könnte, aber ich setze meine Technik nur ein, um Grenzen zu überwinden. Ich habe zuerst Ideen, die sich nicht umsetzen lassen, aber ich arbeite dann so lange daran, bis ich sie live spielen kann.

Welche Musik hast du in frühen Jahren gespielt, bevor du bei Frank Zappa eingestiegen bist?

Steve Vai: Als ich noch Teenager war, spielte ich in verschiedensten Rockbands. Für gewöhnlich coverten wir Songs von Led Zeppelin, Queen und Kiss. Und als ich noch in Long Island, New York, lebte und dort auf der Highschool war, da hatte ich schon einen großartigen Musiklehrer, der mir beibrachte, wie man Musik komponiert. Da fing ich sogar an, Orchestermusik zu schreiben. Als ich schließlich zum "Berklee College of Music" in Boston ging, fing ich mit Fusion-Rock an und schrieb sehr komplizierte Musikstücke.

Deine ersten Gitarrenstunden hattest du bei Joe Satriani, mit dem du heute mit dem G-3-Projekt noch regelmäßig durch die Welt tourst.

Steve Vai: Ja, ich kannte Joe schon, als ich noch ein kleiner Junge war. Wir lebten im selben Dorf. Schon damals war er ein großartiger Gitarrist, deshalb nahm ich die Gelegenheit wahr, bei ihm ein paar Stunden zu nehmen. Das war toll, denn der konnte wirklich spielen! Deshalb gibt es zwischen uns auch nicht so eine große stilistische Differenz. Ich habe von ihm gelernt, aber ich habe meine eigenen musikalischen Interessen entwickelt.

Wie hast du Frank Zappa als Musiker und Mensch erlebt, als du mit Anfang 20 zu Beginn der Achtziger bei ihm spieltest? War er sehr streng, einer der alles dominierte, wie ein Diktator?

Steve Vai: Frank war ein Komponist, deshalb verkörperte er all' diese Faktoren (lacht). Er war Frank Zappa! Sein Ziel war, seine Musik aufführen zu lassen, und zwar so, wie er sie in seinem Kopf hörte, als er sie komponierte!

Du bist so ein ähnlicher Typ. 2009 hattest du sogar zwei Violinisten in deine Heavy-Rockband integriert.

Steve Vai: Ich bin dafür bekannt, Dinge zu tun, die außerhalb der Norm stehen. Ich fordere mich selbst heraus, indem ich Sachen anstrebe, die ich nie zuvor getan habe. Zuallererst bin ich Musiker und Komponist, und ich weiß, was ich tue. Ich schreibe die Musik, arrangiere sie, produziere sie, nehme sie auf und mixe sie. Auch ich höre schon vorher in meinem Kopf, wie die Musik zu klingen hat, und wenn ich daran denke, eine neue Rockband zusammenzustellen, dann kann es eben auch eine mit zwei Violinisten und zwei Perkussionisten sein.

Fließen Melodien und Musik aus dir wie Wasser heraus oder ist Komponieren ein quälender Prozess?

Steve Vai: Nein, das Komponieren ist meine Lieblingsbeschäftigung. Wenn es fließt, ist es ein sehr erhebendes Gefühl, von Zeit zu Zeit ist es ein bisschen schwieriger. Aber eigentlich scheint alles andere im Leben schwieriger zu sein, als Musik zu spielen, und alles ist eigentlich Ablenkung, außer dem Musikmachen.

Woran arbeitest du, um deine Ausdrucksfähigkeit an der Gitarre noch einmal zu verbessern? Spielst du Tag für Tag, um dich in Form zu halten?

Steve Vai: Es hilft, weil du es merkst, wenn du eine Zeitlang nicht spielst. Täglich zu spielen ist wichtig, um die Finger beweglich zu halten, und ich fühle mich immer leer, wenn ich einen Tag nicht spiele. Mit dem Modell "The Jem" habe ich zwar eine Gitarre, die ich selbst um meine künstlerischen Eigenarten herum entworfen habe, aber ich bin selbst immer sehr auf die Tonkontrolle in meinen Fingern, auf ihre Artikulation und die Dynamik konzentriert und wie ich am besten das Wah-Wah-Fußpedal bediene.

Steve Vai gastiert am 4. Oktober in der Garage, Saarbrücken, Bleichstraße (Einlass 18.30 Uhr/Beginn 19 Uhr).

garage-sb.de

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