Viele Leute, nicht so viele Tüten

Saarbrücken · Viermal im Jahr dürfen die Geschäfte im Saarland sonntags öffnen. Handel und Citymarketing in Saarbrücken sind, wie Trier in Rheinland-Pfalz, traditionell die Ersten, die zum „gemütlichen Shoppen“ einladen.

 Viele nutzten den Saarbrücker Einkaufssonntag mehr zum Stöbern in den City-Geschäften als zum Kaufen. Foto: Becker&Bredel

Viele nutzten den Saarbrücker Einkaufssonntag mehr zum Stöbern in den City-Geschäften als zum Kaufen. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Man könne den wirtschaftlichen Erfolg eines verkaufsoffenen Sonntags daran ablesen, wie viele Leute auf der Straße mit einer Einkaufstüte in der Hand unterwegs sind, lautet eine gängige Sichtweise. "Höchstens 20 von 1000" seien das, befand gestern der Mann, der in der Saarbrücker Bahnhofstraße die Obdachlosenzeitung verkaufte. Der ist überaus konsumkritisch und im Zählen wohl nicht ganz so exakt. Mit seiner Einschätzung, dass viele Menschen nach den Feiertagen "übersättigt" sind und weniger wegen des Kaufens, sondern zur Zerstreuung gekommen waren, lag er aber wohl nicht ganz daneben.

Es war viel los am gestrigen Sonntag in der Saarbrücker City. In der Hochphase gegen 16 Uhr herrschte zwischen St. Johanner Markt, Bahnhofstraße und dem Einkaufszentrum Europa-Galerie ein Zustand, den der Verkehrsfunk als "zäh fließend" bezeichnet. Was aber auch damit zu tun hatte, dass noch Karussells und Buden mit Süßigkeiten (sogar Zimtwaffeln gehen noch!) und Würsten aufgestellt sind und das Fortkommen des Menschenstromes bremsen. In vielen Läden stand nach wie vor Christkindl-Dekoration. Das eine oder andere Geschäft entbot gar per Schild noch ein "frohes Fest".

Flinke Kaufleute hatten dagegen schon auf Frühjahr umgebaut und stellten die neuen Kollektionen heraus anstatt die günstigere Lagerware. "Unsere Kunden sind auf die außergewöhnlichen Sachen aus", freute sich Mirko Stublic vom Trend-Schuhladen "Chamäleon".

Ein Laufladen in der Europa-Galerie konnte sogar ein neues Modell eines deutschen Herstellers präsentieren, das es nur in vier ausgesuchten deutschen Städten zu sehen gibt.

Einzelhandel und City-Marketing halten traditionell am ersten Sonntag des Jahres als Termin für die Geschäftsöffnung fest, Motto diesmal: "Gemütlich durch die Winterzeit". Die Idee dahinter: Die Menschen sollen nun das Geld und die Gutscheine ausgeben und einlösen, die sie zu Weihnachten bekamen.

Vor allem der Textilhandel und die Warenhäuser lockten mit Preisnachlässen von bis zu 70 Prozent. Auch Haushaltwaren wie Kochtopf- oder Messersets waren deutlich herabgesetzt. Nicht alle Händler und Branchen sind restlos überzeugt von dem Termin. Viele Kunden seien noch im Urlaub, erklärte Modehändler Volker Bentz. Auch für die Parfümerien könnte der erste offene Sonntag später im Jahr kommen. Die Düfte, Looks und Farben der dekorativen Kosmetik für den Frühling erschienen nämlich meist erst Ende Februar, so Astrid Neu von der Parfümerie Bähr. Einige Geschäfte in der City verzichteten gestern darauf, sich an dem Aktionstag zu beteiligen, die große Mehrheit machte allerdings mit, so dass keine Lücken im Gesamtangebot zu beklagen waren.

Auch Traurigkeit lag in der Luft. Kurz vor dem Jahreswechsel war im Alter von 85 Jahren Willi Menn gestorben. Seine "Kaffeebohne" gilt seit Jahrzehnten als Aushängeschild des inhabergeführten Einzelhandels in Saarbrücken.

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