„Unangenehme Gefühle werden verdrängt“

Saarbrücken · Für die Menschen sind Smartphones sehr wichtig. Damit kommunizieren sie im Internet mit anderen und keiner ist allein. Eltern sollten ihren Kindern aber beibringen, dass es wichtig ist, schlechte Gefühle wie das Alleinsein zu ertragen, meint die Lebensberatung Saarbrücken.

"Ich poste, also bin ich" - so überschreibt Maria Weber, Leiterin der Saarbrücker Lebensberatung des Bistums Trier, den Jahresbericht 2013. Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen falle es immer schwerer, ohne ständige Präsenz in den sozialen Medien wie Facebook zu leben. Smartphones und Tablet-Computer seien ein häufiges Thema in den Beratungsgesprächen. Verlust oder Nichtverfügbarkeit würden als Katastrophe und als bedrohlich erlebt. Die Kommunikationsgeräte "geben uns das Gefühl, uns immer an jemanden wenden zu können, immer gehört zu werden, uns ablenken zu können und nie allein zu sein", erklärt Weber.

"Die Folge: Gefühle müssen nicht mehr ausgehalten werden, sie werden überspielt mit Whatsapp und Facebook ." Für die Entwicklung der Persönlichkeit sei es aber sehr wichtig, das Alleinsein und unangenehme Gefühle auszuhalten, erklärt Weber weiter. Dadurch lernten die Betroffenen, die eigenen Gefühle alleine in den Griff zu bekommen. Würden diese Erfahrungen nicht gemacht, blieben die Betroffenen auf ihre Hilfsmittel wie das Handy angewiesen, um unangenehme Emotionen, Langeweile oder innere Leere zu vermeiden. Deshalb sei es für so viele sehr wichtig, im Internet präsent zu sein.

"Es geht dabei weniger um Kontakt zum anderen, vielmehr um die Herstellung eines Gefühls für sich selber, um die Vermeidung von Leere nach dem Motto: Ich poste (veröffentliche, Anm. d. Red.) etwas auf Facebook , also werde ich wahrgenommen, bin ich wer, existiere ich", analysiert die Diplom-Psychologin Weber. Daraus entstehe ein Leben, in dem es ständig darum gehe, schlechte Gefühle zu vermeiden und auf den Augenblick ausgerichtet zu bleiben. Längerfristige Perspektiven könnten nicht entwickelt werden; Selbstreflexion und Autonomie würden verhindert.

Wie kann hier die Lebensberatung helfen? Es gehe nicht darum, die Smartphones aus dem Leben zu verbannen, sagt Weber. Vielmehr müssten die Risiken benannt und Alternativen aufgezeigt werden. Ein erster Schritt könnte sein, wenn Eltern ihren Kindern vermitteln, dass es eine gute Eigenschaft ist, wenn sie alleine sein können. Außerdem könnten Erwachsene dafür sorgen, dass sie für ihre Kinder da sind und über diese Themen sprechen.

882 Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben im vergangenen Jahr die Dienste des sechsköpfigen Beratungsteams um Maria Weber wahrgenommen. Dazu kamen 270 Personen in Elternkursen, Sprechstunden oder Weiterbildungen. Die wichtigsten Themen bei der Beratung von Kindern und Jugendlichen waren: Partnerkonflikte der Eltern , Trennung und Scheidung, Sorgerechts-Streitigkeiten, Erziehungsverhalten und Aggressivität. Bei den erwachsenen Ratsuchenden standen ganz oben folgende Themen: Kommunikationsprobleme, psychosoziale Probleme und Schwangerschaft, Trennungswünsche und -ängste sowie Probleme in der Familie. Rund 393 000 Euro hat die Arbeit der Saarbrücker Lebensberatung im vergangenen Jahr gekostet. Das Bistum Trier übernahm 53 Prozent dieser Summe, den Rest der Regionalverband Saarbrücken .

Kontakt: Lebensberatung Saarbrücken , Ursulinenstraße 67, Telefon (06 81) 6 67 04.

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