"Überwältigend eng - bedrückend"
Saarbrücken. Insgesamt 167 Bunker - öffentliche und private, etwa in Eigenheimen, Hotels und Firmen, gibt es in Saarbrücken. Sie sollen im Notfall rund 68 000 Menschen aufnehmen. Der neueste Bunker ist von 1982. Viele andere stammen noch aus der Zeit der Naziherrschaft. So auch der in der Moltkestraße.Am Samstagvormittag stand er für Neugierige offen
Saarbrücken. Insgesamt 167 Bunker - öffentliche und private, etwa in Eigenheimen, Hotels und Firmen, gibt es in Saarbrücken. Sie sollen im Notfall rund 68 000 Menschen aufnehmen. Der neueste Bunker ist von 1982. Viele andere stammen noch aus der Zeit der Naziherrschaft. So auch der in der Moltkestraße.
Am Samstagvormittag stand er für Neugierige offen. Zu Beginn der Führung drängten sich rund 150 Menschen vor dem Eingang.
"Der Bunker wurde 1939 als Versorgungs- und Quartierbunker gebaut", berichtete Fred Rammel. Der 80-jährige ehemalige Mitarbeiter des Amts für Zivilschutz leitete den Ausflug ins unterirdische Labyrinth: "In verschiedenen Ausbaustufen wurde die Anlage bis zu einer Kapazität von 1556 Plätzen ausgebaut."
Für einige Teilnehmer endete der Rundgang schon nach wenigen Metern. Die Enge ist nichts für Menschen mit Platzangst (Klaustrophobie). Tanja Jochum, 34, überwand ihre Ängste und verriet: "Ich hatte es mir noch enger vorgestellt - aber wenn man sich dann denkt, mit fast 1600 Menschen hier drin zu sitzen."
Selbst erlebt hat das Edgar Gries. Der heute 71-Jährige berichtete aus dem Alltag seiner Kindheit: "Wir sind abends mit den Kleidern ins Bett, damit wir bei Alarm schnell genug in den Bunker gekommen sind. Das war 1944/45 auf dem Rodenhof."
Schon kurz hinter dem Eingang des Schutzraums in der Moltkestraße stehen die ersten Bänke und Pritschen. Metallgestänge bespannt mit unverrottbaren Kunststoffplanen. Sie sollen im Ernstfall als Liegen dienen.
Neben einer Staubschicht hat sich fast überall Schimmel auf den Planen gebildet, doch wegen der hohen Luftfeuchtigkeit werden keine Sporen aufgewirbelt. "Ich war schon in einigen solcher unterirdischer Anlagen", berichtete Führungsteilnehmer Christian Böhm, "aber eine so hohe Luftfeuchtigkeit habe ich nirgends erlebt."
Im früheren Maschinengewehr-Kampfstand sind heute Wasseranschlüsse. Die handbetrieben Lüfter sind teilweise demontiert. Im Ernstfall müssten die Filter erst wieder eingebaut werden.
An der Decke findet man fast überall drei Rohrleitungen: für Zuluft, Abluft und Schutzluft. "Sollte die Frischluft kontaminiert (verseucht) sein, wird sie zunächst durch einen Sandfilter gereinigt und dann als Schutzluft ins System gepumpt", erklärte Fred Rammel.
In bestimmten Abständen über den Bunker verteilt sind die "Toiletten" - ein paar Holzplatten verdecken den direkten Blick auf Camping-Klos. Mehr Privatsphäre gibt es nicht. Auch keine Kochgelegenheit oder Vorratsräume. Wer den Bunker aufsucht, muss selbst für Verpflegung und Getränke sorgen. Fred Rammel betonte, "dass die Schutzanlagen nur für kurzfristige Aufenthalte von bis zu einigen Stunden Dauer vorgesehen waren".
Zehn bis zwölf Grad kühl ist es im Innern der Anlage, die sich bis unter den jüdischen Friedhof und das Ordensgut erstreckt. Bei Vollbelegung kann es durch die Körpertemperatur aber sehr schnell sehr warm werden.
Einige der Teilnehmer waren mit alten Karten und Informationsmaterial ausgestattet, einer hatte sogar einen Artikel der Saarbrücker Zeitung über die letzte Führung vor fünf Jahren mitgebracht.
Für andere war es der erste Besuch in einem Schutzraum. "Ich wohne praktisch gegenüber und wollte schon immer mal sehen, wie es da drin aussieht", sagte die 58-jährige Cordula Heusch, "der Eindruck ist überwältigend eng - bedrückend." Wegen des großen Andrangs konnten nicht alle Teilnehmer den Ausführungen von Fred Rammel folgen, der deshalb nach dem gut einstündigen Rundgang noch für zahlreiche Fragen bereitstand. Nur bei einer musste er passen: "Wann gibt es die nächste Führung?"