Über Josef Hecken, Bier und das richtige Schwimmen im Fluss

Wer etwas werden will, braucht einen Fluss. Jedenfalls habe ich das so verstanden, als mir vor ein paar Wochen jemand bei einigen Bieren in einer schummerigen Saarbrücker Kneipe recht überzeugend erklärt hat, dass es grundsätzlich zwei Möglichkeiten gibt, Karriere zu machen: Man schwimmt gegen den Strom, oder man schwimmt mit dem Strom.



Wenn Sie jetzt gedanklich einwerfen, dass die Richtung dann ja egal ist, Hauptsache, man kann schwimmen, dann haben Sie meinen Gedankengang zu früh unterbrochen. Denn ich hatte einen Kollegen, der offenbar etwas wasserscheu ist und auf einem Zettel hinter seinem Schreibtisch verkündet hat, dass er lieber am Ufer des Flusses sitzt und wartet, bis die Leichen seiner Feinde an ihm vorbeitreiben. Und dann gibt es ja auch noch die Menschen, die verzweifelt durchs Dickicht des Lebens tappen, weil sie diesen blöden Fluss nicht finden.

Irgendwann während des Karriere-im-Fluss-Gesprächs habe ich mir in Gedanken eine Notiz gemacht: "Unbedingt mal nachhören, was Josef Hecken macht?" Sie erinnern sich an Josef Hecken? Genau, der war Staatssekretär und Minister für Gesundheit im Saarland, ist aber bei der Oberbürgermeisterwahl 2004 irgendwie in die falsche Richtung geschwommen und mit dem Slogan "Nur lieb sein reicht nicht" untergegangen. In Berlin kam seine Karriere dann aber wieder richtig in Fluss - erst als Staatssekretär im Sozial-, dann im Bundesfamilienministerium. Aber das ist schon eine Weile her.

Meine "Unbedingt mal nachhören, was Josef Hecken macht?"-Notiz ist dann aber untergegangen. Gestern haben die Kollegen von Spiegel-Online unerwartet die Antwort geliefert: Hecken ist Vorsitzender des "Gemeinsamen Bundesausschusses" und damit angeblich mächtiger als der Bundesgesundheitsminister. Der Ausschuss legt nämlich fest, welche Behandlungen und Medikamente die Krankenversicherten in Deutschland bekommen.

Viel Macht und wenig Aufmerksamkeit paaren sich normalerweise bei so einem Vorsitzenden-Job. Aber wer Hecken kennt, wundert sich nicht, dass er nun auch als Mann im Hintergrund Aufmerksamkeit erregt. In einer Sitzung des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen soll er gesagt haben, "man benötige nicht für jeden Bürger einen Psychotherapeuten, eine Flasche Bier tue es manchmal auch", schreibt Spiegel-Online.

Psychologen laufen Sturm: Josef Hecken bagatellisiere die Not ihrer Patienten. Hecken ließ den Spiegel-Kollegen mitteilen, "er habe lediglich sagen wollen, dass er als Privatperson nicht jede Befindlichkeitsstörung wie zum Beispiel gelegentliche Einschlafprobleme als krankhaften und sofort behandlungsbedürftigen Zustand ansehe".

Als ich das gelesen habe, wurde mir bewusst: Ich vermisse ihn hier an unserem kleinen Fluss in Saarbrücken.

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