Tressel will ländlichen Raum retten

Saarbrücken · In einer neunteiligen Serie stellt die SZ die Bundestagsabgeordneten aus dem Saarland vor. Heute Teil 2: Markus Tressel (Grüne) aus Bous.

 Bei einem Praktikum im Knappschaftskrankenhaus Sulzbach servierte Markus Tressel einem Patienten kürzlich Frühstück am Krankenbett. Foto: B&B

Bei einem Praktikum im Knappschaftskrankenhaus Sulzbach servierte Markus Tressel einem Patienten kürzlich Frühstück am Krankenbett. Foto: B&B

Foto: B&B

Um sich von Problemen ein Bild zu machen, schlüpft Markus Tressel auch mal in eine andere Rolle. Vor Kurzem begleitete der saarländische Grünen-Bundestagsabgeordnete in weißem Kittel in der Sulzbacher Knappschaftsklinik Krankenschwestern und -pfleger der Frühschicht, die sich um 39 Patienten zu kümmern hatten. "Das war grausam", so das Fazit des 38-Jährigen, "es ist eine harte körperliche Arbeit und die Pflegekräfte sind überlastet. Es müsste mehr geben, doch stattdessen wird zusammengestrichen."

Wie die medizinische Versorgung angesichts des demografischen Wandels in Zukunft gerade auf dem Land sichergestellt werden kann, will Tressel nach der Sommerpause verstärkt angehen. Der Bouser ist Fraktionssprecher für die "ländlichen Räume" und beschäftigt sich mit den Folgen der Landflucht. "Es gibt auch im Saarland eine massive Fokussierung auf die Zentren", sagt er. Daher müsse bereits heute geschaut werden, wie die Verkehrsanbindung und die Einkaufsmöglichkeiten auf dem Land in Zukunft organisiert werden könnten. "In ostdeutschen Bundesländern gibt es Überlegungen, Ortschaften aufzugeben. So weit soll es bei uns nicht kommen", sagt Tressel.

Als Mitglied in den Ausschüssen Tourismus und Verkehr arbeitet er daran, wie auch der ländliche Raum von Urlaubern profitieren kann. Dafür müsse die Erreichbarkeit der ländlichen Regionen verbessert werden. Er plädiert für eine Mischfinanzierung der Bahn wie in Frankreich. Der Bund müsse in die Lage versetzt werden, Strecken, die die Bahn aufgrund der geringen Auslastung nicht wirtschaftlich betreiben kann, mitzufinanzieren. "Das Saarland wird abgehängt. Die Landesregierung gibt sich aber mit allem zufrieden, selbst mit der Aussage, dass erst ab 2029 wieder ein Intercity nach Saarbrücken fährt. Dann ist es zu spät", kritisiert Tressel.

Seit Jahren beschäftigt er sich mit militärischem Fluglärm. Auf seine Anfrage hin räumte die Bundesregierung ein, dass aufs Saarland 40 Prozent aller Militärfluglärmbelastungen entfallen. Dass daraufhin Saar-Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) in Berlin ein Gespräch im Verteidigungsministerium geführt hat, begrüßt Tressel. "Bouillon wird an seinen Ergebnissen zu messen sein. Doch mich beschleicht die Ahnung, dass dies eine aktivistische Nummer ist. Ziel muss sein, das Aufkommen hier zu halbieren", betont er. Das Saarland habe in Berlin ein relativ geringes Gewicht, obwohl es mit zwei Ministern im Bundeskabinett vertreten sei.

Die Internetplattform abgeordnetenwatch.de stellt dem 38-Jährigen ein "gut" aus, wenn es darum geht, wie fleißig die Volksvertreter auf Bürgeranfragen antworten. Der großen Koalition im Bund stellt Tressel ein "befriedigend bis ausreichend" aus. "Die Bundesregierung hat einiges falsch und einiges gar nicht gemacht. Dabei wiegt das Unterlassen schwerer", sagt er. Besonders bei den Themen Umgang mit dem demografischen Wandel und dem Klimawandel suche die große Koalition nicht nach Lösungen.

Auch nach sechs Jahren im Bundestag ist für ihn klar, dass das Saarland und nicht Berlin sein Lebensmittelpunkt bleiben wird. Der Beruf sei auch eine Belastung für seine Familie. "Wenn ich nicht da bin, ist meine Frau quasi alleinerziehend", sagt der Vater eines vierjährigen Sohnes. In vier Wochen kommt Söhnchen Nummer zwei zur Welt. "Das ist - auch im Interesse der Familie - kein Job, den ich 30 Jahre machen möchte", bekennt Tressel. Dennoch kann er sich vorstellen, 2017 für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Entschieden sei das noch nicht. "Wenn ich antrete, dann bewerbe ich mich um den Spitzenplatz im Saarland", stellt er klar. Er hofft auch auf eine grüne Regierungsbeteiligung - mit welchen politischen Partnern, lässt er offen: "Die Grünen werden nicht mehr den Fehler machen, sich vorher sklavisch auf einen Koalitionspartner festzulegen."

Zum Thema:

Zur PersonMarkus Tressel, geboren 1977, sitzt seit 2009 im Bundestag. Er ist Sprecher für Tourismuspolitik und ländliche Räume und sitzt in den Ausschüssen für Tourismus sowie Verkehr und digitale Infrastruktur. Bereits zu Schulzeiten am Max-Planck-Gymnasium in Saarlouis war er bei den Grünen aktiv. Nach dem Abitur begann er ein Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaft , das er derzeit nebenberuflich fortsetzt. Seit 2004 ist er Generalsekretär der Saar-Grünen. Von 2000 bis 2009 war er im Bouser Gemeinderat. Tressel ist ein Vertrauter von Grünen-Landeschef Hubert Ulrich . ukl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort