Tänzer-Stapel auf der Treppe

Saarbrücken. "Im Grunde sind es die Architekten und Stadtplaner, die entscheiden, wie wir uns künftig bewegen können", sagt Willi Dorner. Seit acht Jahren beschäftigt den österreichischen Choreografen, Tänzer und Filmemacher das Thema Raum. Da war es für ihn nur logisch, den Bühnenraum irgendwann zu verlassen und in reale gebaute (Außen-)Räume zu gehen

Saarbrücken. "Im Grunde sind es die Architekten und Stadtplaner, die entscheiden, wie wir uns künftig bewegen können", sagt Willi Dorner. Seit acht Jahren beschäftigt den österreichischen Choreografen, Tänzer und Filmemacher das Thema Raum. Da war es für ihn nur logisch, den Bühnenraum irgendwann zu verlassen und in reale gebaute (Außen-)Räume zu gehen. Rund 20 Tänzerinnen und Tänzer wird Dorner bei den Perspectives auf einen Parcours durch die Saarbrücker Innenstadt schicken."Bodies in Urban Spaces" nennt er diese Performance, die er schon in Städten wie Philadelphia, New York, Istanbul, Seoul, Marseille, London und Berlin realisiert hat, jedesmal neu. Auf den Youtube-Filmen, die dabei entstanden, sieht man Tänzer sich auf Treppen stapeln, sich übereinander an Hauswände schmiegen oder sonstige skurrile Dinge tun. "Kinder machen so was", weiß Dorner, wenn sie ihre Umwelt spielerisch erforschen, Maß nehmen mit ihrem Körper, ausprobieren, ob sie in eine Mauerlücke passen. Denn der Körper sei ja für uns Menschen das Instrument, um den Raum wirklich wahrzunehmen, sich zu ihm ins Verhältnis zu setzen, bemerkt der Choreograf.

Was Dorner mit seiner Intervention bezweckt? "Es ist eine Einladung an die Bürger von Saarbrücken, zweckfrei ihre Stadt zu begehen und sie sich neu anzuschauen", erklärt er. Immer mehr Menschen wohnten ja in Städten, einem "eingeengten Lebensraum". "Wir werden da ja alle irgendwo hineingezwängt", meint Dorner, deshalb sei es wichtig, darüber nachzudenken, wie dieser Raum gestaltet wird. Dazu wolle er die Zuschauer der Performance ermuntern. "Ich möchte, dass die Leute ihre Stimme erheben, sagen: Wenn Stadt gestaltet wird, dann wollen wir mitreden, wir wohnen da und müssen das unser Leben lang aushalten. Es muss lebenswert sein."

Nach welchen Kriterien sich Dorner in den Städten seinen Parcours aussucht? "Ich frage immer, wo geht der Saarbrücker nicht hin, welche Viertel sind nicht so im Blickpunkt oder wo sind hot spots, wo sich gerade viel verändert", sagt Dorner. "Diese Bereiche will ich gern in den Blick rücken."

In Saarbrücken hat er sich die Altstadt als Startpunkt gewählt, von dort gehe es über die Alte Brücke ein Stück am Fluss entlang. "Flüsse sollen in Städten ja Erholungs- und Freizeitzonen sein", meint er. Aber hier, diese Autobahn gleich daneben! Da tauche man ja in eine regelrechte Lärmzone ein, stellte er erstaunt fest. Die einzutunneln und so verschwinden zu lassen, hält der in Wien Lebende für alles andere als Geldverschwendung.

Auch zum neuen Shopping-Center will er gehen. Da stelle sich die Frage: Was ist noch öffentlicher Raum und was schon privat? "Dürfen wir dem Center überhaupt zu nahe kommen?" Am Montag wird es sich zeigen, denn dann beginnt Dorner mit den Tänzern vor Ort zu proben.

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