Tabakhandel lehnt Ekel-Bilder ab"Ich höre deswegen nicht mit dem Rauchen auf"

Saarbrücken. Rauchen ist gefährlich, und deshalb will die EU-Kommission ab 2015 auf Tabakverpackungen abstoßende Fotos anbringen lassen: schwarze Lungenflügel, entzündete Mundhöhlen mit faulen Zahnstummeln, sogar ein Toter auf einem Seziertisch sollen dem Verbraucher den Genuss am Tabak madig machen. Den saarländischen Tabakwaren-Händlern geht diese "Fürsorge" zu weit

Regionalverband. Rauchen ist gefährlich, und deshalb will die EU-Kommission ab 2015 auf Tabakverpackungen abstoßende Fotos anbringen lassen: schwarze Lungenflügel, entzündete Mundhöhlen mit faulen Zahnstummeln, sogar ein Toter auf einem Seziertisch sollen dem Verbraucher den Genuss am Tabak madig machen.Den saarländischen Tabakwaren-Händlern geht diese "Fürsorge" zu weit. Sie kritisieren "Entmündigung" und beklagen "Geschäftsschädigung". Immerhin, so heißt es, seien Tabakwaren legale Produkte, die den Staaten Milliarden Steuern bringen und deshalb auch würdevoll verkauft werden können sollten.

So wurde kürzlich in Saarbrücken, genauer gesagt im Laden von Bernhard Faas an der Ecke Mainzer-/Lessingstraße, das künftige Szenario unter großer Anteilnahme der Medien durchgespielt: Der Tabakwaren-Fachverband hatte sich die Grusel-Fotos vorab besorgt und auf die Zigarettenpäckchen geklebt. Wichtigste Frage: Will und kann man solche Motive in einem Geschäft zeigen, in dem ja nicht nur Raucher verkehren, sondern auch Kinder, die Fahrkarten kaufen, oder Seniorinnen, die sich ihre Illustrierte holen?

Bernhard Faas sowie Fabian Schulz, der Hauptgeschäftsführer des saarländischen Einzelhandelsverbandes, sagten, was sie so bekümmert: Nicht in erster Linie ein Umsatzrückgang bei Zigaretten, der vielleicht noch verkraftbar wäre, sondern die Abschreckung anderer Kunden, die es aus diversen Gründen in die Läden zieht, also Käufer von Zeitungen, Zeitschriften, Schreibwaren und Tippscheinen. 450 saarländische Tabak-Verkaufsstellen seien die letzten Tante-Emma-Läden in Dörfern und Vierteln, in denen man auch Postdienstleistungen oder gelbe Säcke bekomme. Deutlich sichtbare Schockfotos beeinträchtigten Erscheinungsbild und Atmosphäre dieser meist kleinen Familienbetriebe nachhaltig, seien deshalb ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die unternehmerische Freiheit und gefährdeten deren Fortbestand. Köllertal. Um das Rauchen unattraktiver zu machen, debattiert die EU-Gesundheitskommission über die Einführung abschreckender Bilder auf Zigarettenpackungen. Australien hat weltweit die niedrigste Raucherrate, dort schockt man Nikotinsüchtige schon mit Abbildungen von Zungenkrebs, Halsgeschwüren, verfaulten Zähnen und anderen Erkrankungen, die das Rauchen verursacht. Wird diese Schockmethode auch in Europa fruchten? Wir haben Köllertaler gefragt, wie sie zur Verschärfung des Kampfs gegen den blauen Dunst stehen.

Gelegenheitsraucher Manfred Quint (61) sieht das so: "Ich selbst rauche ab und an. Manchmal liegen Jahre dazwischen, bis ich mir wieder eine Zigarette anzünde", beschreibt der Bauzeichner aus Riegelsberg und sagt weiter: "Auch wenn ich weiß, dass Rauchen der Gesundheit schadet, würden mich solche schlimmen Bildchen auf den Päckchen nicht abschrecken - und so wird es auch den meisten Rauchern gehen."

Dieter Zapp aus Holz ist strenger Nichtraucher. Er ist der Ansicht, dass Raucher oft erst dann eine Gefahr in ihrem Genussmittel sehen, wenn der Arzt eine schwere Krankheit diagnostiziert: "Leute, die rauchen, sind in Sachen Gesundheit einfach nicht so sensibel wie Nichtraucher. Da kann ein Totenkopf auf der Zigarettenschachtel abgedruckt sein, und sie würden trotzdem rauchen", erklärt der 68-jährige Rentner.

Heike Sehn-Weilemann aus Riegelsberg ist Raucherin und wird von ihrer Sucht nicht durch Horrorbilder auf Verpackungen ablassen: "Die Schockbilder halte ich für unsinnig, und ich bin mir sicher, dass sich davon keiner abschrecken lässt - auch ich werde weiterhin rauchen. Sucht ist Sucht, und da bringt ein Bildchen nichts, vermutlich auch nicht bei Jugendlichen, bei denen es wichtig wäre", meint die 45-jährige Friseurin.

Jörg Göpfert ist ebenfalls der Meinung, dass aufgedruckte Fotos von Lungenkrebs und Co. auf Zigarettenpäckchen uneffektiv sein werden: "Ich bin Nichtraucher, habe aber früher geraucht, und ich weiß, dass es nur eines fordert, um mit dem Rauchen aufzuhören: Der eigene Wille, die Sucht zu bekämpfen. Weder Warnhinweise, wie es sie jetzt schon gibt, noch Schockbilder halten einen Raucher von seiner Sucht ab", sagt der 34-jährige Angestellte aus Heusweiler.

Schülerin Jana Blumann (17) denkt über die Debatte der EU-Gesundheitskommission: "Wer raucht, raucht, und ich glaube nicht, dass derjenige durch grausame Abbildungen auf den Päckchen mit dem Rauchen aufhört. Eine Maßnahme wie das Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Restaurants, wie man es schon durchgesetzt hat, halte ich da für wirksamer", betont die junge Frau aus Walpershofen.

Zeitungszusteller Christian Prisacaro, der in Riegelsberg seine Einkäufe tätigt, hat nichts gegen das Vorhaben der EU einzuwenden: "Ich finde das okay, wenn Zigarettenpackungen mit Fotos von Erkrankungen herausgegeben werden. Vielleicht hören dann ja ein paar Jugendliche mit dem Rauchen auf. Aber ich selbst werde weiterhin meine fünf bis sechs Zigaretten pro Tag rauchen - ob Schockbild oder nicht", fügt der 41-Jährige hinzu. bub

Hintergrund

Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass weltweit jährlich etwa fünf Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens sterben, insbesondere durch Krebs, Herz- und Gefäßerkrankungen. Wer 20 Jahre täglich ein Päckchen Zigaretten raucht (20 Stück), bei dem verkürzt sich, statistisch gesehen, das Leben um etwa sechs Jahre (das entspricht etwa 22 Minuten pro Zigarette). red

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