Systemvergleich: Kunst begegnet Körperkult

Saarbrücken. Ob man diesen Crosstrainer wohl anfassen darf oder ob er dann gleich zerbricht? Eine ganze Batterie Fitnessgeräte hat Laurent Faulon in der Stadtgalerie aufgebaut. Sie sehen erstaunlich echt aus, aber auch, als wären sie nur aus Gips. "Berühren Sie sie ruhig, da kann nichts passieren", ermuntert der französische Künstler

 In der Stadtgalerie installieren Delphine Reist und Laurent Faulon Objekte ihrer Ausstellung "Body Building". Foto: Iris Maurer

In der Stadtgalerie installieren Delphine Reist und Laurent Faulon Objekte ihrer Ausstellung "Body Building". Foto: Iris Maurer

Saarbrücken. Ob man diesen Crosstrainer wohl anfassen darf oder ob er dann gleich zerbricht? Eine ganze Batterie Fitnessgeräte hat Laurent Faulon in der Stadtgalerie aufgebaut. Sie sehen erstaunlich echt aus, aber auch, als wären sie nur aus Gips. "Berühren Sie sie ruhig, da kann nichts passieren", ermuntert der französische Künstler. Denn es seien ja auch echte Fitnessgeräte, die früher mal in einer Saarbrücker Muckibude standen. Die habe er nur bestrichen, mit Silikon. "Das neutralisiert ihre Funktion und betont ihre Form", erklärt Faulon.

Auf diese Weise stelle er einen Bezug zur klassischen Skulptur her, fährt der Künstler fort. Er forme Skulpturen, ein Bodybuilder seinen Körper. Im Prinzip sei das ja dieselbe Geste.

"Body Building", so haben Laurent Faulon und Delphine Reist ihre Ausstellung betitelt, die ab 1. März in der Saarbrücker Stadtgalerie zu sehen sein wird. Zwei Etagen der Galerie will das Künstlerpaar - er ist Franzose, sie Schweizerin - in eine Art Fitness-Center verwandeln. Das Gebäude selbst habe sie dazu inspiriert, erläutern sie. Von außen alt, mit einer historischen Fassade, und innen ganz modern, klinisch weiß. "Wie eine Klinik für ästhetische Chirurgie", sagt Faulon.

Vor zwei Wochen hat das Paar sein Genfer Domizil im Stich gelassen und in der Künstlerwohnung der Stadtgalerie Quartier bezogen, um die Objekte und Rauminstallationen für diese Ausstellung hier an Ort und Stelle zu kreiieren. So arbeiten sie am Liebsten. "Davon haben wir mehr, als nur fertige Werke irgendwohin zu transportieren", betont Faulon. Auch ihren Sohn Urs haben sie mitgebracht. Der Dreijährige besucht tagsüber eine Saarbrücker Kita. "Er kann jetzt sogar schon ein paar Worte Deutsch", berichtet Reist und fühle sich wohl. "Wir verbringen hier auch zu dritt fast mehr Zeit zusammen als in der Schweiz", freut sich die Mutter.

Im Treppenhaus der Stadtgalerie stehen schon große Topfpflanzen. Zum Entree eines Fitness-Centers gehöre auch ein Porträt des Inhabers, der meist die bestimmte Fitness-Methode erfunden habe, erläutert Faulon. In der Stadtgalerie wird da bald ein Bild von Otto Muehl hängen. Denn dieser - später zum Sektenführer abgedriftete - Hauptvertreter des Wiener Aktionismus hat Faulon künstlerisch stark beeinflusst.

"Ich komme mehr von der Konzeptkunst her", betont Delphine Reist. Auch wenn das Paar oft gemeinsame Ausstellungs-Projekte realisiert - legen sie bei den einzelnen Exponaten Wert auf Autonomie und eigene Handschrift. Reist inszeniert in der Stadtgalerie etwa einen Duschraum mit Schampoo-Flaschen, deren bunte, parfümierte Flüssigkeiten die Wand hinunterrinnen sollen. "Zusammen wird das ganz schön stinken und sich künstlerisch auf den abstrakten Expressionismus der 50er Jahre à la Jackson Pollok beziehen", sagt Reis dazu. Fitness-Sport und Kunst - für das Künstlerpaar sind das zwei Systeme. Die wollen sie in den schillernd-vieldeutigen Exponaten von "Body Building" zusammenbringen, um so die Frage nach Analogien dieser Systeme, der Ähnlichkeit ihrer Gesetze und Regeln aufzuwerfen. Apropos System: Von Ausstellungstechniker Wilhelm Wagner sind die Beiden total begeistert. Ob alte Fitness-Geräte oder Schwimmbad-Sprungbretter - Wagner weiß immer, wo man so etwas auftreiben kann. "Er kennt einfach alle", staunt Faulon über Wagners Kontakte ins saarländische Behörden-System.

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