Süßer die Glocken nie klingen

Saarbrücken · „My Bonnie“, „Stille Nacht“ oder „Scarborough Fair“ – die 19 Glocken im Saarbrücker Rathausturm haben viele Songs drauf. Dahinter steckt ein künstlerischer Leiter: Christoph Keller, Konzertorganist aus Merzig.

 Christoph Keller ist der künstlerische Leiter des Glockenspiels im Rathaus. Foto: Oliver Dietze

Christoph Keller ist der künstlerische Leiter des Glockenspiels im Rathaus. Foto: Oliver Dietze

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Zu den kleinen Freuden des Saarbrücker Alltags gehört das Glockenspiel im Rathausturm von St. Johann. Die Melodien, die täglich um 15.15 und 19.19 Uhr aus dem 54 Meter hohen Turm in die Stadt hinaus geschlagen werden, sind vielen Bewohnern und Besuchern ein Innehalten wert, zumal sie sich nicht abnutzen. Sieben bis acht Mal im Jahr, je nach Jahreszeit und besonderen Anlässen, wird das Liederrepertoire geändert. Derzeit sind am Nachmittag "Wir sagen euch an den lieben Advent", "Maria durch ein' Dornwald ging" sowie "Macht hoch die Tür" zu hören. Abends erklingen "Leise rieselt der Schnee", "Veni redemptor gentium" und die "Die Nacht ist vorgedrungen".

Flinke Finger

Was viele nicht wissen: Hinter der Rathausmusik steckt ein Kopf mit gutem Gehör und flinken Fingern, nämlich der Merziger Konzertorganist und Kantor von St. Lutwinus in Mettlach, Christoph Keller. Der Berufsmusiker trägt sogar den Titel "Künstlerischer Leiter des Glockenspiels im Turm des Rathauses der Landeshauptstadt Saarbrücken". Er ist für die Stadt auf Honrorarbasis tätig. Und zwar schon seit 1999, als das elektronisch gesteuerte Glockenspiel installiert wurde. Es war ein Geschenk der Handwerkskammer Saar.

Die Aufgabe für den Musiker ist sehr speziell. Er muss ein Repertoire zusammenstellen, das zu den 19 Glocken im Turm passt. Er muss technisches Verständnis für das Schlagwerk mitbringen und auch für das Computerterminal mit Keyboardtastatur, von dem die Lieder eingespielt und gespeichert werden.

Über ein Glasfaserkabel fließt das Liedgut aus einem Zimmer in halber Turmhöhe hinauf unters Dach. Wie Keller erklärt, könne er die Stücke - etwa 40 sind abrufbar, weitere Neueinspielungen folgen - an dem Terminal nicht still üben; jeder Ton, den er dort anschlage, werde draußen gehört. Es müsse ihm also möglichst sofort die Endfassung der meist 45 bis 60 Sekunden langen Lieder gelingen.

Am 23. Dezember steht übrigens wieder ein Repertoirewechsel hin zu Weihnachtlichem an. Mit Spannung erwartet wird immer auch das Fastnachtsprogramm, hier ließ Keller zuletzt Henry Mancinis "Pink Panther" erklingen.

Wenn es gewünscht wird, kann der Organist sogar Ständchen auf dem Glockenspiel geben, live vom Turm sozusagen, etwa bei hohen Besuchen oder nach Hochzeiten. Auf diesem Gebiet könnte sich sogar eine Einnahmequelle für die klamme Stadtkasse auftun, wenn nämlich der Glöckner gegen Gebühr Wunschtitel in den Saarbrücker Himmel schickte.

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