Streit um Wohnheime eskaliert

Saarbrücken · Vorm Semesterbeginn im Saarland hat sich der Streit um die Finanzierung der Studentenwohnheime verschärft. Das Studentenwerk greift die Saar-SPD massiv an. Die SPD stelle die Bildungsgleichheit in Frage.

. Nach der Absage der SPD-Landtagsfraktion an Landes-Zuschüsse für die Sanierung des unter anderem wegen Brandschutzmängeln leer stehenden Studentenwohnheims D auf dem Saarbrücker Uni-Gelände wirft das Saar-Studentenwerk der mitregierenden SPD vor, die Bildungsgleichheit in Frage zu stellen. "Es sollte gerade ein Anliegen sozialdemokratischer Hochschul- und Sozialpolitiker sein, sich für Bildungsgerechtigkeit einzusetzen und die soziale Selektion so gering wie möglich zu halten", erklärte Anne-Marie Oswald, Geschäftsführerin des Vereins Studentenwerk im Saarland . Wenn ein Land die Bildung in den Vordergrund stelle, müsse es auch für die Infrastruktur sorgen. Es sei Aufgabe des Landes und des Bundes, studentischen Wohnraum zu sozialverträglichen Mieten bereit zu stellen. "Die Tatsache, dass das Saarland als Haushaltsnotlageland sparen muss, bedeutet nicht gleichzeitig auch einen Verzicht auf einen Zuschuss für studentisches Wohnen", so Oswald. Es sei die Frage, welche Prioritäten das Land in der Vergabe der Gelder setze. Auch die Landtags-Opposition hatte Landeszuschüsse gefordert.

Der Uni-Experte der SPD-Fraktion Sebastian Thul hatte dagegen erklärt, ein Haushaltsnotlageland sei "bedauerlicherweise nicht dazu in der Lage durch Landeszuschüsse die Wohnheime zu sanieren". "Selbst wenn wir heute im Wohnheim D einen Teil subventionieren könnten, würde das zukünftige Probleme in den Wohnheimen nicht lösen", so Thul. Er sah keine Notwendigkeit für Zuschüsse, wenn eine sich wirtschaftlich selbst tragende Lösung gefunden werde.

Die Studentenwerks-Managerin Oswald wies jedoch darauf hin, das es einen eklatanten Mangel an günstigem Wohnraum für Kinder aus Arbeiterfamilien und ausländische Studenten gebe. Die Durchlässigkeit im deutschen Bildungssystem sei nicht mehr gegeben. Die letzte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks habe ergeben, das nur 18 Prozent der Kinder aus Arbeiterfamilien ein Hochschulstudium aufnähmen, 77 Prozent der Studenten stammten aus Akademikerfamilien.

Dadurch, dass das Wohnheim D mit 260 Zimmern auf dem Campus fehle, sei es gerade für Studierende mit geringem Einkommen schwierig, bezahlbaren Wohnraum vor allem in Saarbrücken zu finden, so Oswald. Im Saarland wohnten nur noch sieben Prozent der Studenten in öffentlich geförderten Wohnheimen. Ebenso in Frage stehe auch die Internationalisierungs-Strategie der Saar-Uni. "In den Heimen des Studentenwerks sind bereits bis zu 44 Prozent Studierende aus nicht EU-Ländern, eben weil das Studentenwerk versucht, die Mieten so niedrig wie möglich zu halten", betonte Oswald.

Wenn die Politik nicht bald handele, werde es insbesondere für die Studenten aus dem Ausland unmöglich, ein Zimmer in Saarbrücken zu finden, sagte Markus Geiger, Geschäftsführer des Saarbrücker Cusanushaus der SZ. "Oder sie zahlen hohe Mieten an Leute, denen es egal ist, ob drei, vier oder noch mehr Leute in einem Zimmer leben", so Geiger.

Meinung:
Politik der sozialen Kälte

Von SZ-RedakteurDietmar Klostermann

Die Richtung, in die CDU und SPD das Land steuern, zeichnet sich inzwischen klar ab. Mit Verweis auf den Sparzwang werden soziale Errungenschaften als Ballast über Bord geworfen, auf die zumindest die Sozialdemokraten noch vor 30, 40 Jahren sehr stolz gewesen sind. Zu den Opfern der Sparpolitik gehören diesmal die sozial schwächer gestellten Studenten, die nicht auf einen finanziell gesegneten familiären Hintergrund zählen können. Mit Steuermitteln geförderter Wohnraum schrumpft auf ein Minimum zusammen, ansonsten hofft die Landesregierung auf die Privatwirtschaft, die es richten soll. Doch wer glaubt, dass private Investoren aus Barmherzigkeit günstige Mieten anbieten, ist ein Träumer. Es zählt das Wachstum der Gewinnmargen. So wird ein Studium für viele unerschwinglich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort