Streit um Totenasche auf dem Privatgrundstück
Saarbrücken · Die Piraten-Landtagsfraktion will den Friedhofszwang aufheben. In Bremen setzten SPD und Grüne durch, dass Asche privat verstreut werden darf. Doch im Saarland wird es dafür wohl keine Mehrheit geben.
Die Piraten-Fraktion will morgen einen Entwurf zur Änderung des saarländischen Bestattungsgesetzes in den Landtag einbringen. Sie will erreichen, dass der Friedhofszwang aufgehoben wird und Angehörige die Asche Verstorbener unter bestimmten Auflagen auf privaten Grundstücken verstreuen dürfen. Die Piraten verweisen darauf, dass SPD und Grüne das Bestattungsrecht in Bremen gelockert haben. An dieses Modell wollen sie anknüpfen.
"Die Trauerkultur hat sich verändert und manche Saarländer wollen nicht auf einem Friedhof ihre letzte Ruhe finden. Dies gilt es zu respektieren", teilte der Piraten-Abgeordnete Andreas Augustin mit. Die Bestattung sei eine private Entscheidung, die nicht gesetzlich vorgeschrieben werden solle. "Das Saarland hat die restriktivste Regelung im deutschen Bestattungswesen", sagte Augustin gestern. Bereits im Januar 2013 hatte die Fraktion erfolglos einen Gesetzentwurf ins Plenum eingebracht, nun folgt eine entschärfte Version. Die Piraten nehmen jetzt von dem damaligen Plan Abstand, dass eine Urne auch in einem privaten Raum aufgestellt werden kann. Wie in Bremen sieht der neue Gesetzentwurf nun vor, dass der Verstorbene zu Lebzeiten festlegen muss, dass seine Asche verstreut wird. Zudem dürfen rechtliche Vorschriften nicht dagegen sprechen.
"Bei unserem ersten Antrag gab es starke Kritik von Seiten der Koalition, diese betraf aber vor allem Punkte, die noch über die Bremer Regelung hinausgingen", sagte Augustin. Dennoch sträube sich die Koalition gegen die Änderung. Sozialministerin Monika Bachmann (CDU ) sprach sich dagegen aus. Auch die SPD-Landtagsfraktion sieht keinen Bedarf, das Bestattungsrecht zu ändern. "Die bestehende Trauerkultur entspricht dem Wunsch der Menschen", betonte die kirchenpolitische Sprecherin Christiane Blatt . "Die SPD maßt sich an, den letzten Wunsch vorschreiben zu dürfen", konterte Augustin.
"Wir sind der Auffassung, dass man sich einer Diskussion um die Aufgabe des Friedhofszwangs nicht verschließen darf, wie dies offenkundig die große Koalition tut", schloss sich Klaus Kessler , Fraktionsvize der Grünen, den Piraten an. 2013 hatten sich die Grünen bei deren Gesetzentwurf enthalten, bestätigt Kessler auf Nachfrage. Eine Urne hätte in privatem Raum missbräuchlich behandelt werden können, das sei bei der Verstreuung nicht möglich. Dem Entwurf nach Bremer Modell stimmten die Grünen zu. Wichtig ist nach Aussage von Kessler eine breite Diskussion, um herauszufinden, ob der Entwurf der Piraten mit den Wünschen der Gesellschaft übereinstimmt.
Die Linksfraktion schließt sich Piraten und Grünen grundsätzlich an. Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte gestern, die Menschen müssten selbst bestimmen können, wie sie bestattet werden wollen. Zudem seien Menschen mit geringem Einkommen oft nicht in der Lage, eine Standard-Beerdigung zu bezahlen. Die "Wahrung der Würde der Toten" stehe dabei stets im Vordergrund.
Meinung:
Gehör für den letzten Willen
Von SZ-RedaktionsmitgliedRuth Fehr
Menschen brauchen einen Ort, an dem sie um Verstorbene trauern können. Das Gesetz soll diesen Ort aber nicht strikt vorschreiben dürfen. Bremen macht es vor. Wer traditionell auf einem Friedhof beerdigt werden will, wird dort beerdigt. Den Wunsch nach alternativen Bestattungsmethoden darf das Gesetz aber nicht per se versagen, solange diese pietätvoll sind und die Würde des Verstorbenen achten. Damit kein Missbrauch betrieben wird, braucht es klare Regeln. Die gibt es in Bremen . Der Verstorbene muss vorab den Verstreuungsort und eine Person zur Totenfürsorge bestimmt haben. Der Grundstückseigentümer muss zustimmen, und benachbarte Grundstücke dürfen nicht beeinträchtigt werden. Unter solchen Auflagen muss es auch im Saarland möglich sein, die Regeln zu lockern. Der letzte Wille muss Achtung finden.