Streit um die Mieterhöhung ist vom Tisch

Saarbrücken · Die Saarbrücker gemeinnützige Siedlungsgesellschaft (SGS) hat ihr Versprechen vom November gehalten. Sie verhandelte und einigte sich mit fast allen Mietern, die mit der Mieterhöhung ab 1. Januar nicht einverstanden waren. Nur 17 Fälle sind noch offen. Aber die SGS ist auch dort zuversichtlich.

 Auch in der Malstatter Taunusstraße (links das Haus Nr. 1) hat die Siedlung die Miete für einige Wohnungen erhöht. Foto: Becker&Bredel

Auch in der Malstatter Taunusstraße (links das Haus Nr. 1) hat die Siedlung die Miete für einige Wohnungen erhöht. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Für Aufsehen sorgte die letzte Mieterhöhung der Saarbrücker gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (SGS) im November 2015. Damals wurde bekannt, dass die SGS ab Januar 2016 für rund 2300 Wohnungen mehr Geld will - und in einigen Fällen stieg die Miete um bis zu 600 Euro pro Jahr. Allerdings versprach die SGS damals: Wenn Mieter nachweisen, dass sie die Erhöhung nicht bezahlen können, wird sie reduziert. Die SGS hatte ihren Mietern die Erhöhung Ende Oktober schriftlich angekündigt, und Anfang November hatten sich auch bereits 439 Mieter schriftlich einverstanden erklärt.
Rund 1700 stimmten zu

Inzwischen hat sich die Situation weiter entspannt. Die SGS berichtet: Mittlerweile haben 1703 Mieter der Erhöhung zugestimmt. 224 waren nicht einverstanden. Über 17 dieser Widersprüche wird noch verhandelt. In den übrigen 207 Fällen hat die SGS ihr Versprechen bereits erfüllt. Sie hat die Fakten geprüft und sich mit den Mietern auf eine ermäßigte Erhöhung geeinigt.

In 43 der 207 Fälle hatten die Mieter sich selbst an die SGS gewandt und Argumente ins Feld geführt, denen die SGS sich nicht verschließen konnte. Mehrere Mieter wiesen nach, dass ihr Einkommen einfach nicht reichen würde, um die Erhöhung zu verkraften. Sie hätten also ausziehen müssen - obwohl manche von ihnen bereits jahrzehntelang in ihrer SGS-Wohnung lebten.

In diesen Fällen reduzierte die SGS ihre Erhöhung, weil sie ihre Mieten sozialverträglich halten will - und muss. Andere Mieter machten geltend, dass sie selbst bereits allerhand in ihre SGS-Wohnung investiert hatten - beispielsweise die Böden ausgewechselt oder das Bad saniert hatten.

In 164 der 207 Widerspruchsfälle waren es nicht die Mieter selbst, die sich an die SGS wandten, sondern das Jobcenter oder das Sozialamt . Denn in diesen 164 Fällen übernehmen Jobcenter oder Sozialamt ganz oder teilweise die Miete - unter der Rubrik "Kosten der Unterkunft" (KDU). Und dafür gibt es gesetzlich festgelegte Obergrenzen - mehr dürfen Jobcenter und Sozialamt nicht für die KDU bezahlen.

Das heißt - vereinfacht: Wenn die Miete für eine SGS-Wohnung bis Ende 2015 unter der Obergrenze lag, dann durften Jobcenter und Sozialamt dem Mieter ermöglichen, dort zu wohnen. Wenn nun aber die Miete nach der Erhöhung das Limit überstiegen hätte, dann hätten all diese Mieter ihre Wohnungen räumen müssen - und sich neue suchen, deren Miete wieder unterhalb des Limits liegt.
Niemand muss umziehen

Um den Mietern diese Ochsentour zu ersparen, einigte sich die SGS mit Jobcenter und Sozialamt darauf, die Miete in diesen Fällen nur soweit zu erhöhen, dass sie weiterhin unter der genehmigten Obergrenze liegt. Ergebnis: Entwarnung für die Mieter . Sie durften bleiben.

Bei den letzten - noch ungeklärten - 17 Widersprüchen führen die Mieter folgende Gründe gegen die Mieterhöhung ins Feld: Erstens, die SGS-Wohnung sei schlechter ausgestattet, als die Vergleichswohnungen mit höherer Miete, auf die sich die SGS beruft. So seien beispielsweise die Böden und Bäder in den SGS-Wohnungen, wesentlich älter als die in den Vergleichswohnungen. Zweitens: Die SGS-Wohnung habe Baumängel. Drittens: Die Mieter seien von der Erhöhung finanziell überfordert.

Aber die SGS ist zuversichtlich, dass sie sich auch in diesen Fällen mit ihren Mietern einigen kann. SGS-Sprecherin Heike Dillhöfer versichert: "Wir suchen Kontakt zu allen, die sich noch nicht gemeldet haben, um die noch fehlenden Zustimmungserklärungen zu erhalten. Und wir klären das weitere Vorgehen im persönlichen Gespräch mit allen, die Widerspruch eingelegt haben." Die Verhandlungsangebote der SGS reichten von einer Minderung der Mieterhöhung bis zur bautechnischen Aufwertung der Wohnungen . Dillhöfer: "Bleibt es beim Widerspruch, wird in letzter Konsequenz Klage beim Amtsgericht eingereicht. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass wir in der Regel einen Kompromiss finden."

Meinung:
Widerspruch lohnt sich

Von SZ-Redakteur Jörg Laskowski

Gut so. Die Siedlungsgesellschaft (SGS) hält ihr Versprechen: Sie redet mit ihren Mietern, und sie lässt mit sich reden, wenn sie nachvollziehen kann, warum jemand der Mieterhöhung widerspricht. Und die SGS steckt zurück, wenn sie feststellt, dass die Erhöhung ihre Mieter in verzweifelte Situationen bringen könnte. Das steht einer kommunalen Baugesellschaft bestens zu Gesicht. Ob die Mieterhöhungen also in jedem Fall und in jedem Detail gerechtfertigt sind - das klären Mieter und SGS miteinander. Ein Außenstehender kann das nicht beurteilen. Eines ist aber klar: Die SGS muss regelmäßig - aber natürlich keinesfalls übermäßig - ihre Mieten erhöhen. Und das Geld, das sie verdient, muss sie konsequent in ihre Immobilien investieren. Sonst kann sie ihren Auftrag nicht erfüllen. Sie soll zeitgemäß ausgestattete Wohnungen zu sozial verträglichen Mieten bereitstellen - und so dafür sorgen, dass in Saarbrücken und Umgebung, sprich im Saarland, das Mietniveau nicht abhebt.

In den 70er, 80er und 90er Jahren hatte die SGS das alles nicht getan - und sich selbst fatal heruntergewirtschaftet (die SZ berichtete). Es wäre eine echte Katastrophe, wenn sich das heute - in der Flüchtlingskrise - wiederholen würde. Im Augenblick ist die SGS auf einem guten Weg. Ihr Aufsichtsrat besteht aus Stadtratspolitikern - die sind uns allen dafür verantwortlich, dass es so bleibt.

Zum Thema:

HintergrundDie letzte Mieterhöhung der SGS war 2012. Aber in der Mehrzahl der jetzt betroffenen 2300 Wohnungen - so versichert die SGS - blieb damals die Miete unverändert. Die durchschnittliche Kaltmiete für diese Wohnungen lag bisher bei 4,85 Euro pro Quadratmeter - sie wurde ab 2016 auf 5,35 Euro erhöht, erklärt die SGS: "Die monatlichen Erhöhungen liegen zwischen 10 und maximal 50 Euro."Laut SGS ist die Mieterhöhung notwendig, damit das Unternehmen weiterhin konsequent seine Immobilien auf Zack bringen kann. Nach eigenen Angaben investiert die SGS seit 16 Jahren kontinuierlich jährlich bis zu 20 Millionen Euro. Wenn Sozialamt oder Jobcenter die Kosten der Unterkunft komplett bezahlen, liegt das Limit für die reine Kaltmiete seit 1. Februar bei rund 315 Euro für zwei Personen auf bis zu 60 Quadratmetern. fitz

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