Streit um die Medienkompetenz

Saarbrücken · Es gibt Streit über die Frage, wie gut saarländische Schüler auf den Umgang mit Internet und sozialen Netzen vorbereitet sind. Die Piratenfraktion im Landtag fordert ein Schulfach Medienkompetenz. Das lehnt die Landesregierung ab.

Wer sich an Bushaltestellen umschaut, sieht Jugendliche, die auf Smartphones starren. Darin lauern Gefahren: Cybermobbing, Sex-Chats, Betrug und Pornografie sind längst im Schüleralltag angekommen.

Doch wie gut unterstützen die 378 saarländische Schulen den Nachwuchs im Umgang mit dem Internet und den sozialen Netzen? Eine Frage, die Opposition und Landesregierung entzweit.

CDU und SPD beharren auf dem bestehenden Maßnahmenpaket, wollen es nur weiterentwickeln. Die Piraten-Fraktion erklärt dagegen, das bestehende Präventionsprogramm des Saar-Bildungsministeriums reiche nicht aus. Sie fordert deshalb die Einführung eines Schulfachs. Einen entsprechenden Antrag zogen die Piraten aus Zeitgründen in der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause zurück. Doch im Herbst soll das Thema wieder auf die Tagesordnung. "Medien nehmen einen immer größeren Teil im Leben von Jugendlichen ein, sie müssen daher auch verstärkt im kritischen Umgang mit diesen geschult werden", erklärt Piratin Jasmin Maurer . Gerade Jugendliche unter 15 Jahren seien den im Virtuellen lauernden Gefahren zunehmend ausgesetzt. Früher habe man das Netz nur für Recherchen genutzt, heute finde ein Großteil des Soziallebens darin statt, so Maurer. Die Landesregierung lehnt den Vorschlag der Piraten indes strikt ab. "Das Saarland wird kein Schulfach Medienkompetenz einrichten", hieß es aus dem Bildungsministerium von Ulrich Commerçon (SPD ). Der Minister schließe sich in dieser Frage einer Erklärung der Kultusminister aller Bundesländer von 2012 an, nach der Medienbildung kein Schulfach mit Lehrtradition sei, erklärte Ministeriumssprecher Rüdiger Fries. Zur Stärkung der Schüler im Umgang mit den Neuen Medien gelte es, bestehende Maßnahmen weiterzuentwickeln und in den Lehrplänen bestehender Fächer zu berücksichtigen. Ihre Position bekräftigte die Regierungskoalition zudem durch einen eilig im Landtag eingereichten Konkurrenzantrag zum Anliegen der Piraten, in dem sie sich hinter das bestehende Medienbildungspaket stellt. Wie Medienbildung derzeit erfolgt, umreißt das Konzept "Saarland medienstark!" des Ministeriums. Sein Schwerpunkt ist das Lernen und Lehren mit Neuen Medien, wie aus einem der SZ vorliegenden Überblick hervorgeht. Aber auch um Schüler konkret auf die Gefahren der digitalen Welt vorzubereiten, finden sich einige Punkte. Demnach sieht das Ministerium derzeit die Fortbildung von Lehrern zu den Themen Jugendmedienschutz und Medienkompetenz sowie den Aufbau eines Netzwerks aus entsprechend geschulten Lehrern und Schülern vor. In Kooperation mit Rheinland-Pfalz wurden demnach dazu bislang von den 7183 saarländischen Lehrern (Schuljahr 2012/13) elf zu Medienberatern fortgebildet. Sie sollen Kollegen als Ansprechpartner dienen und Schüler zu "Medien-Scouts" (Medien-Pfadfinder) ausbilden, die ihr Wissen in die Klassen tragen. Ziel sind mittelfristig fünf bis 15 Pfadfinder und ein bis zwei Berater an jeder Schule.

Schulen können zudem von der AG Medienkompetenz, einem Netzwerk von Bildungsministerium , Landesbehörden und privaten Anbietern, auf Anfrage Elternabende, Medientage und Schulprojekte zum Jugendmedienschutz veranstalten lassen. Erstklässler erhalten die Broschüre "Flimmo" und ab der dritten Stufe können Klassen ein "Internet-ABC"-Siegel erwerben. Doch reicht dieses Paket, um der neuen, digitalen Lebensrealität an Schulen gerecht zu werden? Piratin Maurer glaubt das nicht: "Es gibt im Land zwar gute Präventionsangebote und Projekte, mit denen werden jedoch nicht mal annähernd alle Schüler erreicht."

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