Streit bei den Linken ist zurück

Saarbrücken · Linken-Politiker aus Saarbrücken werfen Landesgeschäftsführer Sigurd Gilcher vor, in der Regionalversammlung einem NPD-Mann einen Ausschusssitz ermöglicht zu haben. Er müsse daher zurücktreten. Gilcher wehrt sich – und spricht von „Rufschädigung“.

 Saar-Linke-Geschäftsführer Sigurd Gilcher ist sich keiner Schuld bewusst. Unser Archivbild zeigt ihn bei einer Fastnachtsveranstaltung der „Roten Bienen“ 2012 in Köllerbach. Foto: Hartmann Jenal

Saar-Linke-Geschäftsführer Sigurd Gilcher ist sich keiner Schuld bewusst. Unser Archivbild zeigt ihn bei einer Fastnachtsveranstaltung der „Roten Bienen“ 2012 in Köllerbach. Foto: Hartmann Jenal

Foto: Hartmann Jenal

Monatelang war es ruhig in der saarländischen Linken, verdächtig ruhig. Diese Ruhe ist seit wenigen Tagen vorbei. Führende Kommunalpolitiker der Saarbrücker Linken fordern den sofortigen Rücktritt von Landesgeschäftsführer Sigurd Gilcher. Sie legen dem 69-Jährigen zur Last, mit seinem Abstimmungsverhalten in der Regionalversammlung Saarbrücken einem NPD-Politiker einen Sitz in einem Ausschuss ermöglicht zu haben. Unterzeichner des Schreibens an Landeschefin Astrid Schramm , in dem Gilchers Rücktritt verlangt wird und das der SZ vorliegt, sind unter anderem der Fraktionschef in der Regionalversammlung, Jürgen Trenz, der Saarbrücker Kreisvorsitzende Willi Edelbluth, die Vorsitzende der Stadtratsfraktion, Claudia Kohde-Kilsch, die Vorsitzenden der Ortsverbände St. Johann/Eschberg, Alt-Saarbrücken und St. Arnual, der Saarbrücker Sicherheitsdezernent Harald Schindel und der Ex-Bundestagsabgeordnete Volker Schneider.

Die Unterzeichner machen Gilcher für einen Vorfall in der Sitzung der Regionalversammlung vom 25. September verantwortlich. Bei der Wahl von Beisitzern des Kreisrechtsausschusses, der über Widersprüche von Bürgern gegen Bescheide des Regionalverbandes entscheidet, hatten Gilcher und seine Fraktionskollegin Hannelore Vatter nicht für den Wahlvorschlag der Linken gestimmt, sondern mit einem Piraten eine eigene Liste gebildet. Dadurch entstand bei der Abstimmung eine Patt-Situation. Beim anschließenden Losverfahren ergatterte ausgerechnet Peter Marx, der Landesvorsitzende der rechtsradikalen NPD , einen Sitz im Ausschuss.

Gilcher habe sich über einen Beschluss der Fraktion hinweggesetzt, den er selbst mitgetragen habe, lautet der Vorwurf. Der Gescholtene sagt dazu, die Liste, der er in der Fraktion zugestimmt habe, sei nicht die gewesen, die später zur Abstimmung gestellt worden sei.

"Das Abstimmungsverhalten mit den entstandenen Konsequenzen ist für uns unerträglich und nicht hinnehmbar", heißt es dagegen in der Rücktrittsforderung. Die Linke sei eine antifaschistische Partei, in der Funktions- und Mandatsträger dazu beitragen müssten, "rechtsextremen Einfluss auf gesellschaftliche, juristische und politische Gremien zu verhindern". Mit ihrem Abstimmungsverhalten hätten Gilcher und Vatter den "Grundkonsens unserer Partei verlassen und der Glaubwürdigkeit unserer Fraktion und der Partei insgesamt nachhaltigen Schaden zugefügt". Sie müssten ihr Mandat abgeben. Erschwerend, so heißt es weiter, komme hinzu, dass Gilcher vor Beginn der Sitzung auf das NPD-Ratsmitglied Peter Richter zugegangen sei und ihn "freundlich per Handschlag" begrüßt habe. Diesen Vorwurf bezeichnet Gilcher als "Unverschämtheit" und "bösartige Unterstellung". Als er Richter die Hand gegeben habe, habe er gar nicht gewusst, dass es sich um den NPD-Mann handele.
Rücktrittsforderung überzogen?

Die saarländische Linken-Vorsitzende Astrid Schramm hält die Rücktrittsforderung für "überzogen". Die Angelegenheit müsse intern geklärt werden. Gilcher leiste in seinem Ehrenamt als Geschäftsführer ordentliche Arbeit. Schramm und Gilcher zufolge ist die fünfköpfige Fraktion in der Regionalversammlung schon seit einiger Zeit gespalten. Gilcher führt dies darauf zurück, dass die Fraktionsspitze im Juli der angestellten Geschäftsführerin gekündigt habe. Dies sei nicht sozial gewesen, das habe er intern klar benannt. Damit habe er sich in der Partei nicht nur Freunde gemacht.

Gilcher spricht von einer Kampagne gegen ihn, die Rücktrittsforderung sei absurd. Es werde versucht, ihn in die rechte Ecke zu stellen, das sei "Rufschädigung". Gilcher war Anfang 2013 als Geschäftsführer zurückgetreten, weil er die Finanzierung des Landtagswahlkampfes über einen Bankkredit ablehnte. Im November 2013 kehrte er auf Bitten der damals neu gewählten Vorsitzenden Schramm in das Amt zurück. Den eigentlichen Grund für den jetzigen Konflikt sieht Gilcher in den Folgen der damaligen Auseinandersetzung. Ein Teil der Unterzeichner habe das "finanzielle Desaster" im Zusammenhang mit dem Bankkredit mit zu verantworten, so Gilcher.

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