Straßenmusiker mit Ambitionen

Saarbrücken · Punker, Kinder, Jazzer, Feuerwehrleute - alle mögen die musikalisch und kompositorisch versierte Saarbrücker Straßenmusiker-Band Blingpoint. Die gibt 150 Konzerte im Jahr und wird dabei nicht müde, sondern nur noch unternehmungslustiger.

 Immer vorbildlicher Körpereinsatz: Nick Rendell, Etienne Kraffert, Thierry Legroux, David Engel und Patrick Bergem (von links) in der Saarbrücker Bahnhofstraße. Foto: Becker & Bredel

Immer vorbildlicher Körpereinsatz: Nick Rendell, Etienne Kraffert, Thierry Legroux, David Engel und Patrick Bergem (von links) in der Saarbrücker Bahnhofstraße. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Fünf Minuten dauert das Arrangieren der Instrumente, nur Sekunden braucht die Gruppe Blingpoint, um in die Gänge zu kommen, und das bei gerade mal zwei Grad Celsius.

Der Wind bläst bissig unter den Arkaden der Saarbrücker Bahnhofstraße, aber es ist trocken, das ist das Wichtigste. "Stand by me", ein Soul-Klassiker aus den frühen 1960ern, heißt das erste, mit Schwung und körperlichem Einsatz vorgetragene Lied. Die meisten Passanten kennen es, viele bleiben stehen, nach drei Minuten werden es an die 50 Zuschauer sein, die mitwippen, klatschen, sogar ein, zwei Tanzschritte wagen. Bei vielen wird aus Interesse Begeisterung, denn die Band interpretiert den Song von jetzt auf gleich eng am schmusigen Original, dann wieder als flotten Rocker. Solch exzellente Musiker und Sänger sieht man nicht alle Tage so harmonisch beisammen - und das im Freien.

Wenn sich Blingpoint "Saarlands bekannteste Straßenmusiker" nennen, wird das wohl keinen Widerspruch herausfordern. Die zähesten, fleißigsten und besten sind sie wohl auch. Es gibt sogar schon Blingpoint-Shirts- und Pullis sowie einen Blingpoint-Bandbus. Pro Jahr geben sie etwa hundert organisierte Konzerte in Sälen und bei privaten Festlichkeiten. Ob Feuerwehrjubiläum, Anti-Pegida-Demo, Geburtstagsfeier von Fünfjährigen oder Senioren, Blingpoint verfügt über ein Repertoire aus Fremd- und Eigenkompositionen, aus dem sich die unterschiedlichsten Geschmäcker bedienen lassen. Hinzu kommen, quasi als Kernkompetenz, wöchentlich 20-minütige Auftritte in der Fußgängerzone.

Von Mal zu Mal wird die Gruppe besser und souveräner und trifft immer öfter die "Bling"-Punkte des Publikums. Blingpoint steht der Erklärung nach für die Höhepunkte und Lieblingstellen in einem Lied; die können je nach Zuhörer ganz verschieden liegen.

Von der Genetik her gesehen ist Blingpoint eine Deutsch-Punk-Band, 2007 vom Gitarristen Nick Rendell gegründet. Zur aktuellen Besetzung, die sich sinnigerweise überwiegend durch Zufallsbegegnungen auf der Straße ergab und seit drei Jahren zusammen ist, zählen Geiger David Engel, Bassist Etienne Kraffert, Schlagzeuger Thierry Legroux und Keyboarder Patrick Bergem. "Die Leute mitreißen" beziehungsweise "möglichst oft auftreten" ist nach Worten von Bassist Kraffert das Wichtigste für die 19- bis 25-Jährigen, die studieren oder in Ausbildungen stecken.

Sie lieben es auch, reihum die Instrumente zu tauschen und neue Stilrichtungen zu probieren. Die dritte CD, die gerade mit einigem Aufwand produziert wird, soll sogar den möglichen Erfolgsweg zum "Kuschelpunk" beschreiten.

"Ohne Spontanität ist alles nichts", resümiert Geiger Engel. Nachdem das ursprüngliche Fernziel "einmal beim Rocco-del-Schlacko-Festival auftreten" sensationellerweise bereits auf Anhieb im Vorjahr gelungen war, dürfen es nun der Bundesvision Song-Contest und "Rock am Ring" sein. "Wir werden aber in jedem Fall vorher dort noch Straßenmusik machen", bekennt sich Rendell unverbrüchlich zu den Wurzeln dieser ganz besonderen Band.

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