Strafrechts-Expertin kritisiert Josts Gesetzesplan

Saarbrücken · Der Plan von Saar-Justizminister Reinhold Jost (SPD), den Handel mit Nazi-Devotionalien verbieten zu lassen, stößt im Institut für Strafrecht des Saar-Uni-Professors Marco Mansdörfer auf Kritik. Die Strafrechts-expertin Alexandra Windsberger sagte der SZ auf die Frage, ob es eines neuen Gesetzes bedürfe, um den Verkauf von NS-Devotionalien wie Hakenkreuz-Orden strafrechtlich zu verfolgen: "Die vorliegende Initiative zeigt zwar einen gewissen gesetzgeberischen Aktionismus; was fehlt, ist allerdings ein konsistentes Gesamtkonzept. Es geht offenbar um einen Akt symbolischer Gesetzgebung", betonte Windsberger.

Derzeit sind bereits die Verbreitung und Vorratshaltung von NS-Abzeichen unter Strafe gestellt. Auf die SZ-Frage, ob diese Gesetze zur Verfolgung von NS-Devotionalien-Händlern nicht ausreichten, sagte Windsberger, dass im Strafgesetzbuch der von Jost angesprochene "gewerbsmäßige Handel" nicht ausdrücklich genannt und daher nicht explizit unter Strafe gestellt sei. Darin sei zwar das "Verwenden" und "öffentliche Verbreiten" von Gegenständen, die verfassungsfeindliche Symbole enthalten, unter Strafe gestellt. "Verwenden meint hierbei jeglichen Gebrauch, welcher das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht", sagte Windsberger. "Öffentliches Verbreiten" erfordere hingegen eine Darbietung des Symbols gegenüber einer breiten Öffentlichkeit an möglichst vielen Orten und zu möglichst vielen Gelegenheiten. Insofern erscheine es nicht ausgeschlossen, den "gewerbsmäßigen Handel" unter die gegebenen gesetzlichen Vorschriften zu fassen. Manche Verkäufer von Hakenkreuzabzeichen reden sich gegenüber Ermittlungsbehörden damit heraus, dass sie die Hakenkreuze abgeklebt hätten bei der Zurschaustellung für den Verkauf. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reiche das nicht aus, um einer Strafe zu entgehen, so Windsberger. Eine Strafbarkeit sei nur ausgeschlossen, wenn der Gebrauch des NS-Kennzeichens in einer Darstellung erfolge, deren Inhalt in eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Nazi-Organisation zum Ausdruck bringe. Derzeit wird im Saarland mit Spannung das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft gegen den AfD-Spitzenkandidaten Rudolf Müller erwartet, der in seinem Laden in Saarbrücken NS-Abzeichen verkaufte. Vor dem Saar-Verfassungsgerichtshof ist zudem eine Verfassungsbeschwerde eines Bürgers anhängig, die sich gegen die Abweisung seiner Klage wegen des Verkaufs von Hakenkreuzabzeichen auf dem Saarlouiser Flohmarkt durch das Oberverwaltungsgericht richtet.

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