Stoppt das Wahlrecht den Front National?

Saarbrücken · Bei einer Veranstaltung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung haben Experten versucht, das Erstarken des rechtsextremen Front National zu ergründen. Sie machen Terrorgefahr und Arbeitslosigkeit dafür verantwortlich.

Auch im Saarland ist vor drei Monaten die Empörung groß gewesen, nachdem die rechtsextreme Partei Front National (FN) beim ersten Wahlgang der Regionalwahlen in Frankreich die meisten Stimmen bekommen hatte. Doch das gute Abschneiden dieser Partei ist kein Novum. Woher dieser Trend im Nachbarland rührt, versuchte Professor Uwe Jun von der Uni Trier jetzt den Besuchern einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Saarbrücken darzustellen. Dass die Partei in den vergangenen Jahr so stark geworden ist, hat für ihn zum einen mit dem Wechsel an der Spitze des FN zu tun. "Marine Le Pen schlägt viel moderatere Töne an als damals ihr Vater Jean-Marie Le Pen ", so Jun. Der extrem schlechte Stand des aktuellen Präsident François Hollande (PS), mit dem rund 80 Prozent der Franzosen unzufrieden sind, spiele auch der Anti-Establishment-Partei am rechten Rand in die Hände. Diese wisse nicht nur den Frust, sondern auch die soziale Verzweiflung vieler Franzosen für sich zu nutzen. Der hohen Arbeitslosigkeit , die noch keine Partei bisher bändigen konnte, setze Marine Le Pen eine staatsinterventionistische Sozial- und Wirtschaftspolitik entgegen. Bei geringer privilegierten Bevölkerungsgruppen - sogenannten "Globalisierungsverlierer" - stoße diese Ausrichtung auf Zustimmung. "Doch dieser Aufstieg hat Grenzen", zeigte sich der Politologe zuversichtlich. Das französische Wahlsystem, das in der Stichwahl nur Platz für die zwei stärksten Parteien zulässt, werde dafür sorgen, dass der FN im entscheidenden Wahlgang bei der 30-Prozent-Marke bleibe.

Ähnlich sieht dies auch Professor Henri Ménudier von der Pariser Uni Sorbonne Nouvelle: "Im Gegensatz zu den anderen großen Parteien hat der FN keine Verbündeten, deshalb scheitert er noch an der Stichwahl." Die Regionalwahlen im Dezember waren auch in einem ganz besonderen Zusammenhang abgehalten worden. Zwar sei Frankreich im Vergleich zu Deutschland kaum von der Flüchtlingskrise betroffen, dennoch könne sich der FN das Dauerthema zur Nutze machen und durch seine antiislamistische Haltung Ängste schüren. "Vor allem aber die Terror-Anschläge haben die Regionalwahlen sehr geprägt. Sie haben tiefe Ängste bei den Franzosen ausgelöst, welche der FN im Wahlkampf ausnutzen konnte", stellte Ménudier fest. Doch auch dieser besondere Kontext könne nicht über die Tatsache hinweg täuschen, dass die rechtsextreme Partei nun flächendeckend in Frankreich verankert sei. Ménudier schloss sich Jun an, als er vom starken Zorn in der Bevölkerung sprach: "Ich war die letzten drei Wochen in den USA, und dort habe ich den gleichen Zorn gespürt. Zurzeit führt er zum Aufwind von Donald Trump ."

Nicht nur mit den USA wurden an dem Abend Parallelen gezogen. In der Podiumdiskussion mit dem Saar-EU-Abgeordneten Jo Leinen (SPD ) warnte dieser vor einer "konservativen rechtsgerichteten Revolution in ganz Europa". In vielen Ländern würden zurzeit Parteien einen Aufstieg erleben, die auf Autorität und Euro-Skepsis setzten. "Wir müssen dagegen halten. Uns muss aber auch klar sein, dass wir die Probleme, die Nährboden für solche Strömungen sind, nicht von heute auf morgen lösen können", sagte Leinen.

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