Stimmwunder ohne Star-Getue

Saarbrücken · Vom Chormitglied zur international beachteten Solistin hat Melba Ramos einen langen Weg zurückgelegt. Heute arbeitet sie mit großen Dirigenten. Abgehoben hat die Callas-Verehrerin deswegen aber nicht.

 Melba Ramos als Lady Macbeth auf der Bühne. Foto: Thomas M. Jauk

Melba Ramos als Lady Macbeth auf der Bühne. Foto: Thomas M. Jauk

Foto: Thomas M. Jauk

Auf der Bühne stimmgewaltige Präsenz, glutvoll treibt Melba Ramos als Lady Macbeth ihren Mann zu heimtückischen Morden, fleischgewordener Machtwille, eine leidenschaftliche, eine liebende Frau mit dem dunklen Wissen um das Recht des Stärkeren. Wer nun opulentes Divengehabe jenseits der Bühne erwartet, sieht sich enttäuscht. Sopranistin Melba Ramos macht gar kein Gewese um sich. Die gebürtige Puerto Ricanerin ist noch in den Genuss einer liebevoll strengen, karibisch-katholischen Erziehung gekommen. Ich-Kult rangiert da auf den hinteren Plätzen des Wertekatalogs. Haus und Kirche sind die ersten Orte, an denen sie singt. Sie habe eigentlich immer gesungen. "Als Baby habe ich immer geweint, sagt meine Mutter, und danach habe ich nur gesungen." Die ganze Familie ist musikalisch. Die Eltern sahen sich zu ihrer Zeit jedoch gezwungen, einen "ordentlichen Beruf" zu erlernen.

Das Stimmwunder tastet sich schrittweise zur vollen Entfaltung. "Nimm Gesangsunterricht", sagt der Chorleiter. "Sing die großen Rollen", bitten die Opernregisseure. Die Zofenrollen, die "Inas" - Despina, Zerlina, Norina - hatte sie schon gesungen. Eine Herausforderung anzunehmen, bereite ihr kein Problem, es gebe immer "zwei Schienen, hin und zurück", der Weg nach vorn endet nie in einer Sackgasse, sondern höchstens beim alten Repertoire. Sehr gute Lehrer habe sie von Beginn an gehabt. Anfang der 90er Jahre ging Ramos an die Opernhäuser in Köln und Wuppertal. Gab als freischaffende Künstlerin Gastspiele quer durch Europa und wurde 2004 fest an die Volksoper Wien engagiert. Wien ist für sie und ihre Tochter Zuhause. Assimiliert und integriert fühle sie sich, die Wiener Mentalität und das, was zwischen den Zeilen steht, habe sie zu verstehen gelernt.

"Ja, ich bin Latino-Amerikanerin", aber das merke sie meist durch die Außensicht, wenn ihre Wärme, das Strahlende, die Sonne im Herzen gerühmt werden, "die Menschen der Karibik drücken ihre Gefühle mehr aus, auf der Bühne ist das ein Vorteil." Wen sie verehrt? Sie antwortet mit den Namen Maria Callas, Edita Gruberova und Renée Fleming.

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