Steuerzahlerbund beklagt Doppelversorgung

Saarbrücken · Abgeordnete und Minister erhalten ein Gehalt und eine steuerfreie Aufwandspauschale. So steht es im Gesetz. Was aber, wenn jemand Abgeordneter und Minister ist? Der Bund der Steuerzahler fordert Korrekturen.

Wenn es um steuerfreie Aufwandsentschädigungen für Abgeordnete und Minister geht, hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) eine glasklare Meinung. "Jeder andere Steuerpflichtige muss seine ganzen Werbungskosten penibel auflisten und gegenüber seinem Finanzamt nachweisen", sagt der BdSt-Landesvorsitzende Christoph Walter. Steuerfreie Pauschalen sind aus seiner Sicht eine ungerechte Bevorzugung.

Landesminister bekommen eine steuerfreie Pauschale von 358 Euro. Abgeordnete erhalten 1264 Euro, "insbesondere für die Betreuung des Wahlkreises, Bürokosten, Kosten für Schreibarbeiten, Porto und Telefon sowie sonstige Auslagen", wie es im Gesetz heißt. Wer Minister und Abgeordneter zugleich ist, bekommt neben dem Ministergehalt zwar keine Abgeordnetendiät, sehr wohl aber die Aufwandspauschale für Abgeordnete von 1264 Euro - obwohl er sein Mandat aus Zeitgründen faktisch ruhen lässt und im Landtag nicht einmal ein Büro hat. "Diese Doppelalimentation muss aufhören", sagt BdSt-Landeschef Walter. Im Saarland haben derzeit fünf der sieben Regierungsmitglieder ein Mandat.

Das Thema ist nicht neu. 1993 wurden die Diäten für Abgeordnete , die im Hauptjob Minister sind, auf 25 Prozent gekürzt. Die CDU trat damals für eine "Nulllösung" ein. "Tatsächlich ist es so, dass derjenige, der Minister ist, für die Abgeordnetentätigkeit ausfällt, keine Aufgaben eines Abgeordneten mehr wahrnimmt", sagte 1993 der CDU-Abgeordnete Peter Müller .

Kurz nach ihrem Wahlsieg 1999 beschloss die CDU im Landtag folgerichtig, dass Minister mit Mandat gar keine Diäten mehr bekommen; auch Einnahmen aus Aufsichtsrats-Mandaten oder Vortragshonorare mussten sie zu 100 Prozent abliefern. Ein "Sparsignal in eigener Sache" - dass die neue CDU-Regierung zeitgleich die Zahl der Minister und Staatssekretäre erhöhte, ging beinahe unter. Von ihrer einstigen Forderung, Ministern mit Mandat konsequenterweise auch die steuerfreie Aufwandsentschädigung zu streichen, wollte die CDU 1999 indes nichts mehr wissen. Genau dies forderte nun die 1999 in die Opposition verbannte SPD . Es sprächen "mittlerweile so viele Gründe gegen den Erhalt der steuerfreien Aufwandspauschale, wenn man die Diäten gleich null setzt", sagte die damalige SPD-Abgeordnete und heutige Sparkassen-Präsidentin Cornelia Hoffmann-Bethscheider . Der Verzicht sei "logisch und konsequent". Seither hat man nichts mehr dazu gehört.

Wenn es nach dem Steuerzahlerbund ginge, dürfte sich die Frage gar nicht erst stellen, denn dass jemand Abgeordneter (Legislative) und Minister (Exekutive) zugleich ist, sei ein "demokratisches Unding". Sollten Abgeordnete nicht die Regierenden kontrollieren? Ein Verstoß gegen die Gewaltenteilung also?

Diese Diskussion ist in der Wissenschaft seit vielen Jahren entschieden. Durchgesetzt hat sich folgende Sichtweise: Statt des alten Gegeneinanders zwischen Regierung und Parlament - wie in konstitutionellen Monarchien oder im Präsidialsystem der USA - gibt es in parlamentarischen Systemen wie in Deutschland den Dualismus zwischen Regierung plus Parlamentsmehrheit auf der einen und der Opposition auf der anderen Seite. Regierung und Parlamentsmehrheit bilden dabei eine "Aktionseinheit", wie es der Trierer Politikprofessor Uwe Jun formuliert. Die Minister gewährleisteten mit ihrer Mitgliedschaft im Parlament, dass diese Aktionseinheit funktioniere, auch wenn deren Parlamentsmandat "keine zwingende Notwendigkeit" sei, so Jun.

Bis in die 90er Jahren gab es im Saarland noch hitzige Diskussionen über eine strikte Ämtertrennung. Peter Müller machte sich 1993 noch dafür stark, dass Minister nicht zugleich Abgeordnete sein dürfen, "weil das einfach dem Grundsatz der Gewaltenteilung eher entspricht". Als Ministerpräsident war er dann anderer Meinung.

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