Steuersystem benachteiligt Land

Saarbrücken · Wirtschaftlich steht das Saarland im Ländervergleich gut da, dennoch zahlt sich das finanziell für das Land nicht aus. Denn der Löwenanteil der an der Saar erwirtschafteten Steuern fließt wieder ab.

Das Saarland ist wahrlich kein Riese, weder politisch noch wirtschaftlich. Aber man sollte es auch nicht kleiner machen, als es tatsächlich ist. Ökonomisch betrachtet hat es beispielsweise durchaus Stärken. Beim Bruttoinlandsprodukt je Einwohner liegt es immerhin vor Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und allen ostdeutschen Bundesländern. Das Saarland kommt bei der Wirtschaftskraft je Einwohner auf 96,8 Prozent des Bundesdurchschnitts. Damit lässt sich gut leben.

Besser gesagt: Damit ließe sich gut leben, wenn diese wirtschaftliche Stärke auch nur ansatzweise der Steuerverteilung in Deutschland entspräche. Doch ein erheblicher Teil der im Saarland erwirtschafteten Steuern fließt direkt wieder ab. Das Land kommt pro Einwohner nur auf 79,3 Prozent der durchschnittlichen Steuerkraft. Erst dadurch wird es im Länderfinanzausgleich zum Bittsteller. Bremen ergeht es ähnlich. Diese Schieflage werde vom Länderfinanzausgleich nur unzureichend korrigiert, hat der Föderalismusforscher Professor Wolfgang Renzsch analysiert: "Die Verwerfungen bei der Steuerverteilung unter den Ländern sind nicht primär die Folge unterschiedlicher Leistungsfähigkeit der Ländern, sondern der Irrationalitäten der Verteilung der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Konkret: Das Saarland ist wirtschaftlich lebensfähig, wird aber bei der Steuerverteilung benachteiligt."

Der Hauptgrund dafür ist, dass sich die Verteilung der Einkommensteuer am Wohnort-Prinzip orientiert. Ein Arbeitnehmer , der etwa in Homburg arbeitet, aber in Zweibrücken lebt, zahlt demnach seine Steuern in Rheinland-Pfalz. Von diesen Arbeitspendlern aus der Westpfalz gibt es im Saarland immerhin 25 000. Hinzu kommen 18 000 Arbeits-pendler aus Frankreich, die ihre Steuern eben dort zahlen. Hinzu kommt: Für Beschäftigte, die im Saarland leben und in Luxemburg arbeiten, gilt das Wohnort-Prinzip nicht - sie zahlen ihre Steuern aufgrund eines Abkommens mit Deutschland im Großherzogtum.

Die Landesregierung will bei der Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs - der bestehende läuft 2019 aus - durchsetzen, dass die Steuerverteilung stärker auf den Arbeitsort abzielt. Ein Arbeitnehmer , der im Saarland arbeitet, soll also auch hier seine Steuern zahlen. Auch die aufgrund der industrielastigen Wirtschaftsstruktur vergleichsweise niedrigen Löhne haben zur Folge, dass die Steuerkraft im Saarland gering ist. Der Arbeitskammer zufolge liegen die Bruttogehälter im Saarland rund 2000 Euro pro Jahr unter dem Schnitt der alten Bundesländer. Dies führt dazu, dass das Land auch bei der Verteilung der Körperschaftsteuer benachteiligt wird.

Und noch etwas benachteiligt das Saarland: Die Steuern auf Dividendeneinkünfte werden von den Banken nicht etwa an den Wohnort des Anlegers abgeführt, sondern an das Land des Konzernstandorts - mit der Folge, dass Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen mit ihren Konzernzentralen von den Kapitalertragsteuern profitieren.

Die Statistik zeigt indes auch, wer die eigentlichen Profiteure des Bund-Länder-Finanzausgleichs sind: die ostdeutschen Bundesländer. Ihre Wirtschaftskraft liegt bei etwa 70 Prozent des Bundesdurchschnitts, ihre Steuerkraft jedoch nur bei gut 50 Prozent. Da im Finanzausgleich auch die finanzschwachen Länder auf fast 100 Prozent angehoben werden müssen und die Ost-Länder zudem noch Milliarden-Hilfen des Bundes bekommen, erhalten sie enorme Transferzahlungen. Finanzminister Stephan Toscani (CDU ) betrachtet die Einbeziehung der ostdeutschen Länder in den Finanzausgleich daher als "gescheitert". Dass die teilungsbedingten Sonderlasten der neuen Länder in dem System anerkannt werden und Milliarden-Hilfen zur Folge haben, die Altlasten des Saarlandes aber nicht, ärgert die Landespolitik ganz besonders.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort