Steuerbetrug an der Kasse

Saarbrücken · 60 Millionen Euro entgehen dem Saarland jedes Jahr wegen manipulierter Kassen in Geschäften, Kneipen, Spielhallen, Hotels oder Apotheken. Dabei wäre die Lösung recht einfach. Die Politik will nicht länger zusehen.

Das Tatwerkzeug passt auf einen kleinen USB-Stick. Ein paar Zeilen Programmcode, mehr braucht es nicht, um eine handelsübliche Registrierkasse zu manipulieren. Ist das Programm erst installiert, kann jeder Betrag, der im Laufe des Tages in die Kasse eingezahlt wird, wieder aus dem System gelöscht und damit für das Finanzamt unsichtbar gemacht werden. Bei älteren Registrierkassen braucht es nicht einmal ein Computerprogramm - eine Storno-Taste reicht. 60 Millionen Euro sollen so allein im Saarland jährlich hinterzogen werden. Zum Vergleich: Mit dem Geld ließen sich zum Beispiel über 1000 Beamte bezahlen. Bundesweit sollen gar zehn Milliarden Euro auf diese Weise hinterzogen werden.

Vor allem bargeldlastige Branchen wie Gaststätten, Hotels, Taxibetriebe, Spielhallen, Friseure, Apotheken und der Einzelhandel sind betroffen. Kartenzahlungen lassen sich deutlich schwerer verschleiern und gelten als relativ sicher.

Deshalb will sich die Konferenz der Finanzminister am heutigen Mittwoch mit dem Problem beschäftigen. "Steuerbetrug ist kein Kavaliersdelikt", sagt der saarländische Finanzminister Stephan Toscani (CDU): "Die Einführung revisionssicherer Registrierkassen muss deshalb zur Pflicht werden."

Schließlich gibt es bereits seit zwei Jahren ein System, mit dem Registrierkassen vor Manipulationen geschützt werden können. Das sogenannte "INSIKA-Verfahren" (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme) könne die Kassen sicher und jede Transaktion für das Finanzamt sichtbar machen. Laut Ministerium nutzen Österreich und Italien schon ähnliche Systeme. Deutschland soll jetzt nachziehen.

Der Handel ist von dem neuen Vorstoß allerdings nicht ganz überzeugt. Fabian Schulz, Hauptgeschäftsführer des saarländischen Einzelhandels, verurteilt Steuerbetrug zwar, mahnt aber, "jetzt nicht den gesamten Handel unter Generalverdacht zu stellen. Man muss die 60 Millionen ja auch in Relation zum Gesamtumsatz der Branche sehen." Und schließlich hatten die Geschäfte bereits 2010 auf manipulationssichere Kassen umstellen müssen, die Frist hierzu läuft noch bis 2016. "Man muss ja auch bedenken, dass das eine finanzielle Belastung ist, die Systeme noch einmal umzurüsten", sagt Schulz. Dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) im Saarland seien zwar keine konkreten Fälle bekannt, sagt Geschäftsführer Frank Hohrath; er rät den Mitgliedern aber, auf manipulationssichere Systeme zu setzen. "Wenn ich ein Restaurant professionell führe, dann gehört das dazu." Zumal eine Umstellung auf das INSIKA-Verfahren gerade einmal 20 Euro pro Kasse koste, so Hohrath.

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