Städtische Firma offenbar außer Kontrolle

Saarbrücken · Das Informations- und Kommunikationsinstitut (IKS), ein Eigenbetrieb der Landeshauptstadt, wird in diesem Jahr rund 1,5 Millionen Euro Miese machen. Die Prognose für die kommenden Jahre sieht nicht besser aus. Die Stadtverwaltung spricht von handwerklichen Fehlern in ihrem Unternehmen.

"Fehlerhafte Projektkalkulation", "handwerkliche Fehler", "Dinge aus der Portokasse bezahlt, für die man hätte Kredite beantragen müssen" - so versucht Harald Schindel, der Saarbrücker Dezernent für Bürgerdienste, Sicherheit, Soziales und Sport, zu erklären, warum ein städtisches Unternehmen, für das er innerhalb der Verwaltungsspitze im Rathaus zuständig ist, bereits im vergangenen Jahr rund 1,5 Millionen Verlust gemacht hat, obwohl im vom Stadtrat abgesegneten Wirtschaftsplan ein Gewinn von 5000 Euro berechnet war.

Dass das erst vor wenigen Tagen klar wurde, sagt Schindel, liege daran, dass es in dem unter anderem für die städtischen Computer und Telefone zuständigen Informations- und Kommunikationsinstitut (IKS) "kein Controlling" gegeben habe, "wie es eigentlich üblich" sei in Firmen mit rund 60 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund zehn Millionen Euro .

Im Sommer sei man in seinem Dezernat "hellhörig" geworden, sagt Schindel. Da habe das IKS mitgeteilt, dass es "Probleme mit der Liquidität" gibt und man Kredite aufnehmen wolle. Das hätte die IKS-Leitung wohl schon früher tun sollen, sagt Schindel. Aber selbst größere Projektinvestitionen seien "aus der Portokasse bezahlt worden, bis auf dem Konto Ende war", sagt Schindel.

Prüfer aus dem Finanzdezernat und aus Schindels Dezernat haben daraufhin mit einer Prüfung begonnen. Man habe nicht nur festgestellt, dass es Fehlplanungen gegeben hat. Es sei offenbar auch falsch kalkuliert worden. "Wir waren als IKS zu billig", sagt Schindel. Die Prüfung sei allerdings noch nicht abgeschlossen. "Ob es personelle Konsequenzen gibt", sei zum Beispiel "noch nicht abzusehen".

Am Mittwoch hat er den zuständigen Stadtratsausschuss informiert. Recht spät, findet die CDU . Außerdem seien bisher weder der für die Eigenbetriebe zuständige Finanz- und Liegenschaftsausschuss noch der für das Beteiligungsmanagement zuständige Werksausschuss "über die Schieflage bei IKS informiert" worden, sagt der CDU-Stadtverordnete Uwe Conradt .

Es stellt sich "auch die Frage, wie monatelang ein Problem bestehen kann, ohne dass ein Konzept für eine Konsolidierung erarbeitet worden ist", sagt Conradt. Für die CDU deutet "vieles schon jetzt darauf hin, dass es nicht nur ein Organisationsverschulden bei IKS gibt, sondern die Ursache und die Verantwortung auch in den städtischen Strukturen zu suchen sind".

Harald Schindel kündigte am Dienstag an, dass der Stadtratsausschuss sich am 9. Dezember in einer Sondersitzung mit dem Thema beschäftigen wird. Mitte Dezember soll dann ein neuer Wirtschaftsplan für das IKS beschlossen werden. Denn es zeichne sich ab, dass der Betrieb auch in diesem und im nächsten Jahr 1,5 Millionen Euro neue Verluste machen werde. Weil der Betrieb aber gut arbeite und technisch auf dem neusten Stand sei, sei er "frohen Mutes" und sicher, "dass wir den Karren aus dem Dreck gezogen kriegen".

Meinung:
Mut ist gut, Kontrolle besser

Von SZ-RedakteurMartin Rolshausen

Anstatt Gewinn zu machen und Geld für den Stadthaushalt (also für uns Bürger) zu erwirtschaften, macht ein städtisches Unternehmen Riesenverluste (die womöglich wir Steuerzahler begleichen müssen). Dabei wird deutlich: Die Kontrolle des Unternehmens hat offenbar total versagt. Und der Dezernent ist dennoch "frohen Mutes". Alles wird gut. Das soll wohl die Botschaft sein an uns Bürger. Aber es klingt auch wie eine Beruhigungsformel für Harald Schindel selbst. Denn wenn es nun darum geht, die Schuldigen für die Misere zu benennen, dann wird man die nicht nur in den Büros des IKS suchen müssen. Der Stadtrat und am besten auch externe Wirtschaftsprüfer sollten sich auch damit beschäftigten, warum die Kontrolle nicht funktioniert hat und wer dafür verantwortlich ist. Nicht nur um festzustellen, ob ein politischer Rücktritt fällig ist, sondern um zu verhindern, dass wir Saarbrücker in die nächste Stadtfirmenkrise reingezogen werden.

Zum Thema:

Auf einen BlickDas Informations- und Kommunikationsinstitut (IKS) wurde im Januar 1994 als städtischer Eigenbetrieb gegründet. Zentrale Aufgabe des IKS ist nach eigenen Angaben "die komplette IT-technische Versorgung der Landeshauptstadt Saarbrücken ". Sie betreut rund 1500 Computerarbeitsplätze und etwa 1800 Telefonanschlüsse. Das IKS betreut aber auch die sieben stationären Blitzer, die die Stadt Anfang kommenden Jahres zur Verkehrsüberwachung aufstellen wird. ols

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort