Stadtrat kippt Sonderstatus trotz ProtestSchulden steigen um 52 Millionen Euro

Saarbrücken. Die Spannung war groß gestern Abend im Stadtrat: Auf der Tagesordnung stand die Abschaffung des Sonderstatus Dudweiler

 Karin Schmidt von der Bürgerinitiative "Pro Dudweiler" (links) beantragte, der Stadtrat solle die Entscheidung über den Sonderstatus Dudweiler vertagen. Sie hatte viele Unterstützer mitgebracht, die den Sonderstatus erhalten wollen. Fotos: Becker&Bredel

Karin Schmidt von der Bürgerinitiative "Pro Dudweiler" (links) beantragte, der Stadtrat solle die Entscheidung über den Sonderstatus Dudweiler vertagen. Sie hatte viele Unterstützer mitgebracht, die den Sonderstatus erhalten wollen. Fotos: Becker&Bredel

Saarbrücken. Die Spannung war groß gestern Abend im Stadtrat: Auf der Tagesordnung stand die Abschaffung des Sonderstatus Dudweiler. Wie würden die Stadtverordneten aus diesem Stadtteil abstimmen?

Die Anhänger des Sonderstatus, die mit den Aufklebern "Kahlschlag - Dudweiler 21" in Anlehnung an den Streit um den Stuttgarter Hauptbahnhof in die Congresshalle gekommen waren, erfuhren es nicht. Denn die rot-rot-grüne Koalition hatte eine geheime Abstimmung beantragt. Das rief den Unmut von CDU und FDP hervor, die eine namentliche Abstimmung forderten. Die rot-rot-grüne Koalition setzte sich aber durch. Nach einer zweistündigen hitzigen Diskussion verkündete Oberbürgermeisterin Charlotte Britz das Ergebnis: 62 abgegebene Stimmen, 61 davon gültig. 35 Stadtverordnete hatten für das Ende des Sonderstatus gestimmt, 26 dagegen. Die rot-rot-grüne Koalition hat 36 Sitze. Gabriele Ungers, Stadtverordnete der Linke-Fraktion, hatte schon vor der Abstimmung angekündigt, gegen die Abschaffung des Sonderstatus zu stimmen. Allerdings wollten auch die beiden Vertreter der Freien Wähler für das Ende des Sonderstatus stimmen. So ist nicht sicher, ob alle 35 Stimmen für die Abschaffung aus den Reihen der Koalition kamen.

Karin Schmidt, Initiatorin der Bürgerinitiative "Pro Dudweiler", erhielt Rederecht zu Beginn der Sitzung. Sie machte deutlich: "Die Eingemeindung 1974 war undemokratisch." Sie forderte mehr Mitbestimmungsrechte für den Bezirk Dudweiler. Die Entscheidung über den Sonderstatus müsse vertagt werden. Denn derzeit laufe ja eine Diskussion über eine erneute Verwaltungsreform. Sogar ein "Stadtstaat Saarland" stehe im Raum. Schmidt überreichte nach ihrer Rede Britz 2000 Unterschriften für den Erhalt des Sonderstatus.

Nach der Gebiets- und Verwaltungsreform 1974 war Dudweiler zum Stadtteil Saarbrückens geworden, erhielt aber einen Sonderstatus, der sich vor allem in der Person des hauptamtlichen Bezirksbürgermeisters ausdrückt. Diesen Posten hat derzeit Walter Rodermann (CDU) inne. Künftig soll die Stelle wegfallen und der Bezirksrat Dudweiler einen ehrenamtlichen Bezirksbürgermeister aus seinen Reihen wählen. Bürgermeister Ralf Latz (SPD) betonte, dass alle Bürgerdienste in Dudweiler erhalten bleiben: "Wir zentralisieren nur die Leitung und die innere Verwaltung." Das Bürgeramt bleibe ebenso in Dudweiler wie die Pkw-Zulassung. 730 000 Euro wolle die Verwaltung jährlich durch den Wegfall des Sonderstatus sparen.

CDU und FDP griffen Verwaltung und rot-rot-grüne Koalition scharf an. Die CDU hielt der Verwaltung ihr Konzept einer "Modernen Verwaltung in allen Bezirken" entgegen und forderte mehr Macht für die Bezirksräte. Dudweiler sei Vorbild für eine effiziente Verwaltung vor Ort. Großen Streit gab es um die geheime Abstimmung. Friedhelm Fiedler (FDP) nannte die Namen der Stadtverordneten aus Dudweiler und forderte sie auf, öffentlich zu ihrer Meinung zu stehen. Die Koalition wies das vehement zurück.

SPD, Grüne und Linke argumentierten, dass das Saarland um seine Eigenständigkeit kämpfe. Vor diesem Hintergrund und den hohen Schulden müsse der Sonderstatus fallen. Die Bürger würden keine Nachteile haben. Oberbürgermeisterin Charlotte Britz meinte: "Wir wollen Strukturen ändern, um das Saarland zukunftsfähig zu halten." Dazu gehörten auch lebendige Stadtteile. Saarbrücken. Knöllchen-Offensive im Saarbrücker Stadtrat. Rund eine Million Euro will die Stadt durch Verkehrskontrollen zusätzlich einnehmen. Das steht im Haushalt 2013, den die rot-rot-grüne Koalition im Saarbrücker Stadtrat gestern gegen die Stimmen der Opposition beschloss. Die Initiative gegen Falschparken ist dabei aber Teil eines Notfallplanes, den die Stadt erstellen musste, damit sie ihren Haushalt überhaupt von der Kommunalaufsicht genehmigt bekommt.

Rund zwei Millionen müssen aufgebracht beziehungsweise eingespart werden, damit überhaupt weiter an der Haushaltssanierung gearbeitet werden kann. Rund 750 000 Euro verspricht sich die Koalition aus dem Aus für den Dudweiler Sonderstatus. Den Rest sollen die Neustrukturierung der Kompostieranlage und eine Änderung der Vergnügungssteuersatzung bringen.

Wie ernst die Lage ist, zeigen die Vorgaben der Kommunalaufsicht. Demnach muss der Stadtrat sich bis Juni auf weitere Sanierungspläne einigen. Weitere 3,44 Millionen Euro müssen am Ende unterm Strich stehen. Einige geplante Maßnahmen haben schon in der Vergangenheit für heftige Diskussionen gesorgt. 800 000 Euro soll unter anderem das Bäderkonzept bringen. Weitere Punkte im Sanierungsplan sind unter anderem: weniger Spielplätze (300 000 Euro) und eine Gebühr für den Winterdienst. Sie soll eine halbe Million Euro einbringen. Finanzdezernent Ralf Latz kündigte bereits im Dezember an, dass mit der Kommunalaufsicht dauerhafte Einsparungen im Haushalt ab 2014 in Höhe von 30 Millionen Euro geplant seien, die auch in den Folgejahren wirken.

Das Ziel: Im Jahr 2020 soll Saarbrücken keine neuen Schulden mehr machen. Fakt ist aber, dass die Stadt in diesem Jahr wieder Kredite aufnehmen muss: rund 52 Millionen Euro. Das sind zwar knapp 18 weniger als im Vorjahr, doch allein für Zinsen muss die Stadt mittlerweile 39 Millionen Euro pro Jahr aufwenden.

Rund 1,1 Milliarden Euro groß ist der Schuldenberg, den Saarbrücken angehäuft hat. Von den 373 Millionen Euro, die die Stadt jährlich einnimmt, ist die größte Einnahmequellen die Gewerbesteuer (116 Millionen Euro), gefolgt von Schlüsselzuweisungen vom Land (62 Millionen Euro). Von den 425 Millionen Euro Ausgaben ist der größte Posten die Regionalverbandsumlage (115 Millionen).

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