Stadt: Wir tun viel für HobbykickerWissenschaftler: Bedarf an Sportplätzen bleibt hoch

Saarbrücken · Obwohl in Saarbrücken viele Hart- in Kunstrasenplätze umgebaut werden, gebe es noch genügend Bolzplätze für Hobbykicker. Das betont Sportamtsleiter Tony Bender. Am Stadion Kieselhumes stehe im Vordergrund, die Trainingsbedingungen für die Vereinssportler zu verbessern.

Saarbrücken. Bezirksbürgermeisterin Christa Piper (SPD) macht sich für die Hobbykicker im Bezirk Mitte stark. Weil am Stadion Kieselhumes ein Hartplatz wegfällt und ein zweiter in einen Kunstrasenplatz umgewandelt werde, müsse die Verwaltung für Ersatz sorgen. Mitglieder des Bezirksrats Mitte hätten darauf hingewiesen, dass neben dem künftigen Kunstrasen noch Platz für einen frei zugänglichen Bolzplatz wäre.Sportamts-Chef Tony Bender wies die Kritik zurück. Es gebe genügend Bolzplätze für Hobbykicker in der Stadt, die Verwaltung stelle für Turniere auch Plätze zur Verfügung. Am Kieselhumes gehe es darum, die Trainingsmöglichkeiten von Saar 05 und den Fußballfrauen des 1. FC Saarbrücken zu verbessern. Die freie Fläche unterhalb des künftigen Kunstrasenplatzes sei an die Stadt zurückgefallen. Die müsse jetzt entscheiden, was damit geschehe. Konkrete Pläne gebe es aber noch nicht, erklärte die Verwaltung. Stadtpressesprecher Thomas Blug ergänzte zur Diskussion über die Kunstrasenplätze, diese würden normalerweise von den Vereinen mitfinanziert und an diese verpachtet: "Damit stehen die Anlagen im Wesentlichen den Vereinen zur Verfügung." Der Kieselhumes werde aber nicht verpachtet, sondern bleibe unter städtischer Verwaltung.

Die Stadt listet 32 Bolzplätze im Bezirk Mitte auf, darunter viele an Schulen und Spielplätzen. Hobbykicker können sich im Bezirk Halberg auf neun Plätzen austoben, im Bezirk West sind es 19 Bolzplätze. Sieben Natur- und Kunstrasenplätze gibt es nach Angaben der Verwaltung derzeit im Bezirk Mitte. Deshalb weist Sportamts-Chef Bender auch den Vorwurf von Piper zurück, der Bezirk Mitte werde bei Kunstrasenplätzen "stiefmütterlich" behandelt. Das hatte sie in einem SZ-Redaktionsgespräch kritisiert. Als nächstes sind der SV Güdingen und der SV Rockershausen bei den Kunstrasenplätzen an der Reihe. Der SV Güdingen hofft auf eine Bürgschaft der Stadt. Die sei für den Verein wichtig, um einen Kredit von der Bank zu bekommen, erklärte Bender: "Das ist kein außergewöhnliches Verfahren. Der Verein hat dadurch keine Finanzvorteile." Ob der Verein die Bürgschaft bekommt, entscheide der Stadtrat. Und wenn der Verein zahlungsunfähig wird? Dann falle der Platz an die Stadt zurück, sagte Bender.

In der Regel teilen sich Kommune, Verein und das Land die Kosten. Die Sportplanungskommission des Landes - darin sitzen Mitglieder des Landtages, der Landesregierung und des Landessportverbandes - entscheidet darüber, wie die Einnahmen von Saartoto für die Sportanlagen verwendet werden, sagte Bender.

Große Konkurrenz der Vereine

Er betonte, mit dem Bau des ersten Kunstrasenplatzes sei eine große Konkurrenz zwischen den Vereinen um bessere Trainingsbedingungen entstanden. Viele wünschten sich einen Rasenplatz und fürchteten, dass sonst ihre Talente abwanderten. Braucht aber jeder Verein einen Kunstrasen angesichts sinkender Geburtenzahlen? Bender verweist auf eine Untersuchung des sportwissenschaftlichen Instituts der Saar-Uni im Auftrag der Landesregierung, die den Sportstättenbedarf bis 2035 prognostiziert habe (Lesen Sie dazu den unten stehenden Artikel). Der Amtsleiter kündigte an, er werde sich intensiv mit der Sportanlagen-Planung beschäftigen. Denn nach 20 Jahren müsse ein Kunstrasen in der Regel ersetzt werden. "Dann stellt sich die Frage: Wie geht es dort weiter?" Er gehe aber davon aus, dass auch dann noch die Plätze zum Beispiel in Güdingen und Rockershausen intensiv genutzt werden.Saarbrücken. Wenn die Geburtenzahlen sinken, dürfen Kommunen nicht automatisch daraus schließen, dass der Bedarf an Sportplätzen stark sinkt. "Das ist ein weitverbreiteter Irrtum", erklärt Werner Pitsch vom sportwissenschaftlichen Institut der Saar-Universität. Er hat 2011 im Auftrag der Landesregierung untersucht, wie viele Sportplätze die Kommunen voraussichtlich im Jahr 2035 benötigen.

In Saarbrücken wird demnach die Zahl von 68 im Jahr 2000 auf mindestens 62 oder höchstens 63 Plätze sinken. Von den Geburtenzahlen könnten Kommunen direkt auf die Schülerzahlen, aber nicht auf den Sportplätze-Bedarf schließen, meint Pitsch. Denn dieser hänge sehr stark davon ab, welche Sportarten der Nachwuchs, aber auch die Erwachsenen treiben. Pitsch: "Seit den 90er Jahren gehen die Geburtenzahlen zurück, die Präferenz für den Fußball steigt aber." Der Bedarf nach Fußball- und Bolzplätzen gehe also nicht zurück. Kommunen dürften nicht den Fehler begehen, als "Kurzschluss-Reaktion" aus dem Geburtenrückgang viele Sportplätze aufzugeben, sagt der Wissenschaftler. In seiner Studie hat Pitsch auch davor gewarnt, zu viele Bolzplätze in solche zu verwandeln, die nur noch von Vereinen genutzt werden. "Das bedeutet eine wesentliche Einschränkung der Möglichkeiten der Bevölkerung zum Sporttreiben, die gerade die nicht vereinsaffinen, sozial schlechter gestellten und jüngeren Bevölkerungsteile besonders trifft", heißt es in der Studie. Gerade weil die nicht organisierten Kicker keine Lobby hätten, dürften Kommunen sie nicht vernachlässigen, ergänzt Pitsch im SZ-Gespräch.

Grundsätzlich sollten die Städte und Gemeinden im Saarland eine Prioritätenliste für Investitionen aufstellen. In der Studie listet er wichtige Kriterien auf: die Auslastung der Plätze, das Leistungsniveau der Sportler, der Anteil von Kindern und Jugendlichen sowie deren Leistungsniveau.

Die Stadtverwaltung ergänzt: "Wichtig ist sicherzustellen, dass nur dort gefördert wird, wo für die nächsten 15 Jahre noch ein Spiel- und Trainingsbetrieb gesichert ist." sm

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