Sparpläne für Hochschulen werden konkreter

Überraschend ist Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gestern mit „Eckpunkten der Landesregierung zur Weiterentwicklung des Hochschulsystems im Saarland“ vorgeprescht. In einer rund 45-minütigen Rede in der Staatskanzlei stellte sie dabei „die Erwartungen der Landesregierung“ an die Universität des Saarlandes und die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) vor.

 Der Universitätscampus aus der Luft fotografiert. An der Uni soll es künftiger weniger Fächer und weniger Studenten geben. Foto: Uni/Flom

Der Universitätscampus aus der Luft fotografiert. An der Uni soll es künftiger weniger Fächer und weniger Studenten geben. Foto: Uni/Flom

Foto: Uni/Flom

Vieles von dem, was Kramp-Karrenbauer sagte, ist bereits bekannt und öffentlich diskutiert worden. Nicht aber das gestern genannte Einsparvolumen für die Universität: Nämlich "maximal 12 Prozent bis zum Jahr 2020", so Kramp-Karrenbauer. Die Uni selbst hatte bislang von Einsparungen in Höhe von knapp über 20 Prozent bis zum Jahr 2020 gesprochen. Hintergrund für die Berechnungen ist der Uni-Etat, der aufgrund des Spardrucks von derzeit 184 auf 179 Millionen Euro sinken soll. Hinzu kommt, dass die Uni künftig die Tarifsteigerungen und den Anstieg der Energiekosten aus ihrem Budget zahlen soll - so kam die Hochschule auf ein reales Minus von 20 Prozent bis 2020.

Ausgehend von nunmehr zwölf Prozent Einsparvolumen erklärte Kramp-Karrenbauer gestern, dass "der Rückgang der Studierenden deutlich hinter den von der Universität ursprünglich befürchteten Zahlen" liegen werde. Uni-Präsident Volker Linneweber hatte zuletzt von "3500 bis 4000 Studienplätzen" weniger gesprochen. Kramp-Karrenbauer nannte gestern auf Nachfrage "3500 eher die Ober- als die Untergrenze". Bei der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) geht die Regierung - wenn überhaupt - von "nur leicht" rückläufigen Zahlen aus. Wie kommt die Landesregierung also auf ein Einsparvolumen für die Uni von zwölf Prozent?

Bei der entsprechenden Kalkulation seien Mittel aus dem Hochschulpakt, Rücklagen der Uni, Kompensationsmittel für die entfallenen Studiengebühren sowie Fördermittel des Landes eingerechnet worden, teilte die Landesregierung auf SZ-Anfrage mit. Dies sei einvernehmlich mit der Uni geschehen, hieß es.

Die Reaktion dort: Der Kalkulationsvorschlag sei von der Regierung gekommen und beinhalte "eine riskante Haushaltsführung". "Wir müssen jetzt mit einer Kalkulation operieren, vor der uns der Universitätsrat ausdrücklich gewarnt hat", sagte Uni-Sprecherin Friederike Meyer zu Tittingdorf der SZ. So seien etwa die eingeplanten Mittel des Hochschulpaktes nur bis 2017 festgeschrieben. Unklar sei zudem, ob sich die bisher akquirierten Drittmittel in dieser Höhe auch künftig einwerben ließen. Zumal die Landesregierung gestern noch mehr "Drittmittelinitiativen" einforderte. Ebenso wie ein "Einsparziel von 20 Prozent für die zentralen Verwaltungen der Hochschulen".

Welche Studienfächer wegfallen

Nach den Vorstellungen der Landesregierung sollen die eigenständigen Studienfächer Mechatronik und Slavistik an der Uni nicht fortbestehen. Eine Zukunft der Altertumswissenschaften sei ungewiss. Bei den Lehramtsfächern sollen Geografie, Italienisch und möglicherweise Latein wegfallen. Die Zahl der Studienplätze bei den Lehramtsstudiengängen soll von derzeit 350 auf 250 sinken. In der Grundschullehrer-Ausbildung sollen nur noch 30 statt wie bislang 60 Studienanfänger aufgenommen werden. Verringert werden sollen auch die Aufnahmekapazitäten bei den Lehramtsstudienfächern Chemie, Deutsch, Englisch, Geschichte, Mathematik, Sport und Wirtschaftspädagogik. Die Studiengänge katholische und evangelische Theologie werden "nicht in Frage gestellt". Zahn- und Transplantationsmedizin sollen gehalten werden. Das Lehramtsfach Mechatronik soll an die HTW verlagert werden. Eine Professur der Rechtswissenschaften soll an das Europainstitut übergehen. Ausdrücklich betonte Kramp-Karrenbauer, dass "die Geisteswissenschaften nicht abgeschafft werden". Hier müssten jedoch - wie in anderen Studienbereichen auch - das (Europa-)Profil geschärft und Schwerpunkte gesetzt werden. Im Gesundheitsbereich, bei der Ingenieurausbildung und bei den Wirtschaftswissenschaften sind Kooperationen zwischen Uni und HTW sowie mit anderen Bundes- oder Nachbarländern vorgesehen.

Die Kooperationen sind für HTW-Rektor Wolrad Rommel "ein wichtiges, erstmals festgeschriebenes Ziel". Zudem begrüßte er die Forderung der Landesregierung, bei der gemeinsamen Ingenieurausbildung von HTW und Uni ein Promotionskolleg "auf Augenhöhe" einzurichten. Für die Uni fehlen dagegen weiterhin konkrete Sparvorschläge: "Die Landesregierung hat viele Erwartungen und Wünsche geäußert, aber nicht die Frage beantwortet, wie die Sparvorgaben konkret erreicht werden können", so die Uni-Sprecherin.

In der Staatskanzlei hatte Kramp-Karrenbauer vielmehr betont, dass die Eckpunkte der Regierung "Grundlage für die nun anstehende detaillierte Feinplanung der Hochschulen" seien. So schnell kann's gehen. Mit einem Defizit von knapp 120 Millionen Euro bis zum Jahr 2020 kalkulierte die Saar-Uni nach den Sparvorgaben des Landes bis gestern. Jetzt hat die Landesregierung das Problem im Handumdrehen auf weniger als die Hälfte geschrumpft. Ist die Hochschule damit ihrer größten Zukunftssorgen ledig? Von wegen. Die quasi im Handstreich erfolgte Halbierung der Sparlast der Saar-Universität basiert auf kreativer Haushalts-Arithmetik. Die Neuberechnung geht von Annahmen und Einnahmen aus, von denen niemand sicher vorhersagen kann, bis wann sie der Hochschule zur Verfügung stehen oder ob sie überhaupt in deren Globalhaushalt gehören. Wenn ein Wissenschaftsprogramm des Bundes endet oder ein Sonderforschungsbereich der Universität zur Neubewertung ansteht, ist ab sofort Zähneklappern nicht nur auf dem Campus angesagt. Das Problem Uni-Finanzen ist mit dieser "Lösung" nicht vom Tisch. Es ist zum Dauerbrenner der Landespolitik geworden.

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