Sparen allein reicht nicht - Gutachter sieht Probleme bei kleinen Kommunen

Saarbrücken · Sparen, sparen und nochmal sparen sollen die Gemeinden. Doch in 37 der 52 Kommunen wird das nicht reichen, um den Haushalt auszugleichen. Besonders dramatisch ist die Situation in kleinen Gemeinden.

Im Gutachten von Professor Martin Junkernheinrich zur Finanznot der Kommunen gibt es eine ganze Menge schlechter Nachrichten und guter Ratschläge. Man muss bis auf Seite 351 lesen, um zu erfahren, was Junkernheinrichs Empfehlungen für die einzelnen Kommunen finanziell bedeuten würden. Aus seinen Ausführungen ergibt sich, dass 37 der 52 Städte und Gemeinden selbst mit eisernem Sparen keine Chance mehr haben, ihren Haushalt aus eigener Kraft strukturell - das heißt dauerhaft und ohne Ein-Mal-Effekte - auszugleichen. Sie sind vielmehr darauf angewiesen, dass Land und Bund ihnen aus der Patsche helfen. Mit massivem Personalabbau und deutlich höheren Steuern und Gebühren können sie ihr strukturelles Defizit lediglich reduzieren, zum Teil jedoch durchaus beträchtlich.

Lediglich zwei Kommunen (Bous und Dillingen) erwirtschaften bereits einen strukturellen Überschuss, 13 Kommunen haben realistische Chancen, ihren Haushalt aus eigener Kraft auszugleichen. Bei neun der 13 Kommunen reichen nach Junkernheinrichs Simulation bereits einzelne oder mehrere Maßnahmen mittlerer Intensität (siehe die Erläuterungen in der Grafik). So könne zum Beispiel die Gemeinde Wallerfangen ihre strukturelle Haushaltslücke schließen, wenn sie ihre Personalkosten um 2,5 Prozent senke.

Die meisten Kommunen aber können sich zur Decke strecken - und werden ohne fremde Hilfe trotzdem keinen strukturell ausgeglichenen Haushalt hinbekommen. Die Gemeinde Perl beispielsweise würde dieses Ziel selbst dann nicht schaffen, wenn sie ihre Personalkosten auf einen Schlag auf null (!) senkte. Zu den Kommunen mit Schwierigkeiten gehört auch Saarbrücken . Mit harten Sparanstrengungen bei Grundsteuer, Gebühren und Personal könnte sie ihr strukturelles Defizit maximal um die Hälfte reduzieren. Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD ) hat einem pauschalen Personalabbau und einer höheren Grundsteuer aber bereits eine Absage erteilt. Gutachter Junkernheinrich sagte dazu: "Auch Saarbrücken ist aufgefordert, seinen Haushalt auszugleichen." Wenn die Stadt in einigen Bereichen weniger sparen wolle, müsse sie an anderer Stelle eben umso mehr tun. Insofern schaue er "mit sehr großem Interesse darauf, welche Vorschläge denn Saarbrücken selber macht".

Als "auffälligen Befund" wertet Junkernheinrich, dass die vier schwächsten Kommunen (Nonnweiler, Großrosseln, Perl und Gersheim) alle weniger als 10 000 Einwohner haben und neun der 13 Kommunen mit weniger als 10 000 Einwohnern ihren Haushalt nicht mit eigenen Anstrengungen sanieren können. Die Probleme dieser Gemeinden würden sich durch sinkende Einwohnerzahlen noch verstärken, prognostiziert Junkernheinrich. "Hier wird deutlich, dass für diese Kleinstgemeinden ohne weitere Konsolidierungshilfen von Bundes- und Landesseite oder eine umfassende Territorialreform- und Funktionalreform ein Lückenschluss weit entfernt erscheint", schreibt Junkernheinrich. Also ein Plädoyer für eine Gebietsreform? Diese Frage zu erörtern, war gar nicht Junkernheinrichs Auftrag. Es sei auch "keine abschließende Einschätzung", sagte er, sondern lediglich "ein Hinweis, dass man an der Stelle darüber nachdenken muss". Wenn Kommunen, die ohnehin klein sind, noch schrumpften und große Lücken im Haushalt hätten, spreche einiges dafür, dass sich dies durch Vergrößerung "etwas abmildert".

Junkernheinrich warnt Kommunen davor, auf massive Bundeshilfen zu spekulieren, die alle Probleme lösen könnten. "Selbst wenn da was kommt, wird das diese Lücke nicht schließen, da muss man realistisch bleiben", sagte Junkernheinrich. Auch die Forderung von Gewerkschaften und Linken, die Steuern auf hohe Einkommen und große Vermögen zu erhöhen, betrachtet er skeptisch. "Die Kommunen im Saarland haben überhaupt keine Zeit, auf solche Maßnahmen zu warten."

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Auch die nachgebesserte Version des Junkernheinrich-Gutachtens bietet nach Ansicht der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft, des Saarländischen Schwimm-Bundes, des Saarländischen Turnerbundes und des Kneippbundes Saar "keine Grundlage für Bäderschließungen". Wie der Gutachter selbst sei man der Ansicht, dass für eine Bäderplanung "zuallererst eine exakte Bestands- und Bedarfsanalyse" erforderlich sei. Hierfür boten die Verbände ihre Mitarbeit an. Den Nutzen eines Vergleichs mit anderen Regionen wie im Gutachten stellen sie infrage. Man müsse die hiesigen Gegebenheiten berücksichtigen. kir

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