Sorgenkind sozialer Wohnungsbau

Saarbrücken · In Saarbrücken wird zwar derzeit so viel gebaut wie nie, preisgünstiger Wohnraum ist aber dennoch Mangelware. Doch woran liegt das? Und kann die Stadt mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen? Triers Stadtplanung könnte Saarbrücken bei diesen Fragen als Vorbild dienen.

Im Bereich Wohnungsbau passiert in Saarbrücken derzeit viel. In den vergangenen zwei Jahren sei so viel gebaut worden, wie sonst in zwei Jahrzehnten, meinte kürzlich der Architekt Wolfgang Lorch. Mit einer gewissen Sorge beobachtet die SPD-Stadtratsfraktion jedoch, dass vor allem im hochpreisigen Segment gebaut werde. Sie fragt sich, wie man den sozialen Wohnungsbau , das "Problemkind in unserer Stadt", ankurbeln kann, wie es in einer Pressemittelung heißt.

Kommunen haben die Möglichkeit, in Bebauungsplänen festzulegen, dass bei Neubaugebieten eine gewisse Quote an preisgünstigem Wohnraum erfüllt werden muss. Trier hat damit Erfahrung. Dort schrieb die Stadt vor zweieinhalb Jahren eine Quote von 25 Prozent fest. Ist das auch für Saarbrücken die Lösung? Als alleinige Maßnahme reiche eine Quote nicht aus, sagt Jan H. Eitel, den die SPD vergangene Woche als Referenten zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung zum Thema in den Rathausfestsaal geladen hatte. Eitel ist Geschäftsführer der EGP Gesellschaft für urbane Projektentwicklung Trier, einer öffentlich-privaten Gesellschaft. Zu ihren öffentlichen Gesellschaftern gehören neben der Stadt und der Sparkasse Trier auch die Saarbrücker Gesellschaft für Innovation und Unternehmensförderung mit 20 Prozent.

In Trier gilt Wohnraum als bezahlbar und damit förderfähig, wenn der Mietpreis bei sechs oder sieben Euro liegt, in Saarbrücken ist das nur bei einem Mietpreis von fünf bis sechs Euro pro Quadratmeter der Fall. Er habe diese Quote zunächst für realitätsfern gehalten, sagt Eitel. Denn die Hauptursache für die hohen Neubaumieten von mindestens 10,50 Euro sind laut Eitel nicht böser Bereicherungswille, sondern die hohen Baukosten . Nach einer Studie des Bundesbauministeriums von 2015 sind sie seit 2000 um 40 Prozent gestiegen. Das wiederum liege zu einem Großteil an zunehmenden staatlichen Vorgaben, allen voran der Energieeinsparverordnung (ENEV), die allein 2016 die Baukosten um neun Prozent erhöhe. Ein Teil der Lösung heißt für Eitel: Man muss billiger bauen. Sein Rezept dafür: Die ENEV, die kaum noch Einspareffekte bringe, nicht noch weiter hochtreiben, die "irre Gebäude-Übertechnisierung" reduzieren. Auch müsse man eine einfachere Kisten-Architektur, die dennoch die Bedürfnisse der Bewohner berücksichtigt, wagen, auf Kostentreiber wie Tiefgaragen verzichten. Ein Kooperationspartner der EGP Trier hat, wie Eitel zeigt, eine solche preisgünstige, förderfähige Wohnungsbau-Architektur bereits realisiert. Damit sich das für Investoren rechnet, braucht es laut Eitel zusätzlich aber auch noch Landesförderprogramme, die es in Rheinland-Pfalz gibt, im Saarland hingegen nicht. Nur in der Kombination all dieser Instrumente, inklusive Mietpreisbremse, kann für den EGP-Geschäftsführer auch die anfangs genannte Quote wirken.

Interessierte Bürger waren im Rathausfestsaal kaum zugegen. Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, die Chefs der GIU, der Saarbrücker Siedlungsgesellschaft, Architekten und weitere Akteure der Bauwirtschaft verfolgten Eitels Vortrag mit Interesse. "Wir müssen einen Weg finden, dass solche Wohnungsbau-Förderprogramme vom Land aufgelegt werden", fasste Baudezernent Heiko Lukas die Meinung vieler Anwesender zusammen.

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