So richtig kontrovers wurde nicht diskutiert

Wadern · Warum möchten sIE Bürgermeister WERDEN? Ulrike Hahn: Ich will das sozialdemokratische Erbe antreten. Der Entschluss dazu ist langsam gewachsen.

 Dicht an dicht drängten sich die Zuhörer bei der Podiumsdiskussion der Kandidaten in der Waderner Herbert-Klein-Halle. Fotos: Rolf Ruppenthal

Dicht an dicht drängten sich die Zuhörer bei der Podiumsdiskussion der Kandidaten in der Waderner Herbert-Klein-Halle. Fotos: Rolf Ruppenthal

Als ich nach kurzer Unterbrechung wieder in den Stadtrat einzog, war eine Bürgersprechstunde eingeführt. Aber welcher Bürger traut sich schon, seine Anregungen vorzubringen, wenn 33 Augenpaare auf ihn gerichtet sind. Ich will die Politik, die im Stadtrat läuft, besser als bisher erklären.

Daniel Hoffmann: Es war eine langwieirige Entscheidung. Ich bin mit Wadern eng verwurzelt. Daher will ich, dass die Stadt eine solide Zukunft hat - für unsere Kinder. Wir müssen auch dafür sorgen, dass ältere Menschen ein sicheres Zuhause haben mit hoher Lebensqualität. Mit knapp 40 Jahren habe ich noch die Luft, eine Sache neu anzugehen.

Joachim Kuttler: Als Ortsvorsteher in Nunkirchen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Menschen ohne Parteipolitik zusammenrücken, den Hintern hochkriegen und an einem Strang ziehen können. Der Bürgermeister muss da ein unparteiisches Vorbild für die Bürger sein. Wadern braucht Gemeinsamkeit. Dieser Weg ist auch hier möglich, dafür stehe ich mit Leib und Seele ein.

Guido Simon: Die Bürgermeisterwahl ist keine Parteien-, sondern eine Kopfwahl. Ich könnte einiges besser machen als Fredi Dewald. Ein Bürgermeister sollte komplett unabhängig von Parteiinteressen sein, damit er frei mit Bürgern und Stadtrat Entscheidungen treffen kann. Ich will auf Waderns Zukunft schauen.

Wie WOLLEN sIE Wadern nach vorne bringen?

Hahn: Die Institutionen wie Krankenhaus und Amtsgericht müssen bleiben. Da muss man schon aufpassen. Losheim vermarktet sich besser. Wir müssen die Stadt noch attraktiver gestalten.

Hoffmann: Wir müssen mehr Werbung für Wadern machen und unter anderem die guten Arbeitsplätze preisen. Wir haben eine wunderschöne Kultur- und Naturlandschaft. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, was den Toruismus angeht. Die Besucher sollen nicht nur einen Tag kommen, sondern die Bürger der Stadt Wadern sollen vom Tourismus leben können.

Kuttler: Wir brauchen ein Image, Werbung und Selbstbewusstsein. Wir sind besser, als wir glauben. Im Stadtkern muss eine Balance aus Attraktivität und Verkehrsangebot gefunden werden. Wir haben außerdem richtig gute Geschäfte hier und tolle Rad- und Wanderwege für Touristen.

Simon: Wadern stagniert. Wir brauchen neue Arbeitsplätze, neues Fachpersonal, neue Firmen. Neben dem Gymnasium müssen wir auch Ausbildungen bieten, damit junge Leute bleiben und wieder Leben nach Wadern kommt.

Wie wOLLEN sIE den Haushalt sanieren?

Hahn: Die Einnahmen steigern und die Ausgaben senken. Ein Infrastrukturkonzept liegt seit Sepbember vor. Wir dürfen die Stadt nicht gesundschrumpfen, sondern es muss ein Wachstumsplan her.

Hoffmann: Wir müssen uns anstrengen, auch Privatinvestoren zu bekommen - ob beim Schwimmbad oder bei den Krippen. Ich will versuchen, aus jedem Euro zwei zu machen und Zuschüsse aus Brüssel holen. Man darf nicht nur ans Sparen denken.

Kuttler: Entweder brauchen wir mehr Einnahmen oder weniger Ausgaben. Man sollte mit den Bürgern diskutieren, wie viel Geld wofür ausgegeben wird, zum Beispiel auch für die Infrastruktur.

Simon: Man muss große Industrie nach Wadern bringen, alles andere ist pillepalle.

wIE SIEHT DIE Zukunft des Krankenhauses AUS?

Hahn: Die Qualität muss eine große Rolle spielen. Wir bieten den Marienhauskliniken, dem Träger unseres Krankenhauses, eine Zusammenarbeit an, um den Anbau zügig auf die Reihe zu bringen, und wir weisen Wege für eine effiziente Energieversorgung auf. Das Waderner Krankenhaus muss bleiben.

Hoffmann: Ich habe Gesundheitsminister Andreas Storm und ebenso die Geschäftsführerin Schwester Basina getroffen. Es wird wohl kein Superkrankenhaus, aber es wird eine Umstrukturierung geben. In Sachen Orthopädie ist das Losheimer Krankenhaus top, in Sachen Chirurgie das Waderner. Bei der Inneren müssen wir aufpassen, da der Chefarzt bald in den Ruhestand geht.

Kuttler: Das Krankenhaus muss bleiben, es nützt aber nichts ohne Qualität - wie etwa durch fachkundiges, Personal, das die Patienten versteht. Lieber nur ein Krankenhaus als zwei Fachhäuser, wo die Leute vorher im Branchenbuch nachschlagen müssen, in welches Haus sie bei welchem Leiden fahren müssen.

Wie WOLLEN sIE NEUE aRBEITSPLÄTZE SCHAFFEN?

Hahn: Wir müssen neue Firmen für Wadern interessieren. Darum werde ich meine Kontakte aus meiner langjährigen Tätigkeit als Diplomingenieurin nutzen und bei der Handwerkskammer, der Industrie- und Handwerkskammer und der Uni werben. Wir brauchen den Mittelstand. Mit großen Industrieansiedlungen wird es sehr schwer werden.

Hoffmann: Es wird zu wenig geworben. Wir müssen offensiv die Qualität von Wadern preisen, das will ich auch tun, ebenso neue Unternehmen für Wadern gewinnen. Zudem müssen wir die Telekommunation im Auge behalten. Wenn sich IT-Firmen ansiedeln sollen, müssen wir ihnen auch einen schnellen Zugang zur Datenautobahn anbieten.

Kuttler: Damit sich neue Firmen ansiedeln, brauchen wir zum Beispiel eine bessere Versorgung mit Breitbandinternet. Außerdem muss schneller regaiert werden, damit Firmen nicht etwa zwei Jahre, sondern zwei Wochen auf entsprechende Bescheide warten müssen. Es fehlt auch an einer Bestandsaufnahme, welche Firmen es gibt. Wir brauchen zuerst ein Waderner Branchenbuch.

Simon: Wir haben Platz und ein Industriegebiet. Die Autobahnanbindung ist optimal. Ich werde mithilfe von Fachleuten Kontakte zu Firmen knüpfen, damit sie hierherkommen.

dIE kITA lOCKWEILER WARTET AUF sANIERUNG

Hahn: Die Stadt ist nicht die Trägerin und nur Zuschussgeberin. Wenn Land und Bistum ihren Beitrag geben, werden auch wir den Zuschuss sofort geben. Ich habe mit der stellvertretenden Ministerpräsidentin Anke Rehlinger Gespräche geführt. Sie sagte mir, dass eine Entscheidung über ein neues Zuschussprogramm im Sommer fällt.

Hoffmann: Die Diskusssion läuft bereits seit 2007. Bei dem Neubau ist die Stadt Wadern nicht ganz oben am Zug. Was ein Zuschussprogramm angeht, so wurde mir in der Staatskanzlei zugesagt, dass die Kita eines von sieben Projekten ist, für das im Sommer die Entscheidung fällt.

Kuttler: Das Bistum ist Träger, man muss also bei der katholischen Kirche vorstellig werden. Wenn das Bistum sagt, es finanziert den Kindergarten, dann muss die Stadt das Geld geben. Der Zustand in dem Kindergarten ist unter aller Kanone.

Simon: Die Kandidaten von SPD und CDU reden bereits jetzt mit den Partnern in Saarbrücken? Das ist doch nicht transparent, wenn sie sich jetzt schon Zusagen holen. Meine beiden Kinder waren im Kindergarten Lockweiler, der war damals schon sanierungsbedürftig. Aber mit diesem Thema habe ich mich bisher nicht befasst.

Sollen Wadern und Weiskirchen sich zusammenschließen?

Hahn: Der demografische Wandel wird uns dazu zwingen, enger zusammenzuarbeiten. Das tun wir ja schon bei der gemeinsamen Gesellschaft Hochwaldwasser. Zudem müssen wir weitere Synergieeffekte nutzen.

Hoffmann: Das ist ein sehr sensibles Thema. Wir müssen uns Bereiche suchen, die wir gemeinsam machen. Beim Hochwaldwasser ist dies schon angestoßen. Auch im Bauwesen kann ich mir das vorstellen.

Kuttler: Eine größere Struktur bedeutet auch weniger, also abgezogene Verantwortung. Die Kommunalverfassung muss eigentlich neu gedacht werden. Ich bin gegen einen Zusammenschluss, aber Nachbarkommunen sollten eng zusammenarbeiten.

Simon: Ein Zusammenschluss wäre nicht gut, einer bleibt dabei immer auf der Strecke. Es sollte eher eine Zusammenarbeit sein.

Wie geht es weiter mit der Halle Lockweiler?

Hahn: Ich spreche nicht mit zwei Zungen. Ich stehe zu der Halle. Es wurde dafür viel Zeit investiert. Nach dem Abriss könnte man 2016 mit dem Bau beginnen. Ab 2017 ist dann die Ausfinanzierung auf den Weg zu bringen.

Hoffmann: Die Halle muss kommen, egal, wer Bürgermeister wird. Frau Hahn weiß, dass die Turnhalle ständig belegt ist. Wenn wir eine Halle brauchen, dann in Lockweiler.

Kuttler: Ich stehe zu der Halle. Aber sie muss finanzierbar sein. Wir brauchen sie für den Schulstandort Lockweiler, aber wir könnten überlegen, ob wir die Halle aus Kostengründen wirklich so groß machen müssen.

Simon: Die Halle ist sehr gut belegt, wir brauchen sie für den Schulsport. Die Stadt muss sie aufrechterhalten.

Was kostet Ihr Wahlkampf?

 Jochen Kuttler, Moderator Wolf Porz, Guido Simon, Ulrike Hahn, SZ-Redaktionshund Chandler und Daniel Hoffmann nach der Diskussion.

Jochen Kuttler, Moderator Wolf Porz, Guido Simon, Ulrike Hahn, SZ-Redaktionshund Chandler und Daniel Hoffmann nach der Diskussion.

Hahn: Etwa 10 000 Euro. Die Summe stammt hauptsächlich von den Ortsvereinen. Zudem aus Privatspenden, eigenem Geld und von einem Unernehmen.

Hoffmann: 22 395 Euro, alles inklusive. Das Geld kommt von der CDU, von Spendern und aus eigener Tasche.

Kuttler: Um die 10 000 Euro von Pro Hochwald selbst aber auch von Privatleuten. Ich habe eine Truppe von 40 Leuten die plakatieren, die Motive entwerfe ich selbst am PC.

Simon: Ich zahle meinen gesamten Wahlkampf aus eigener Tasche - ein vierstelliger Betrag im mittleren Bereich kommt zusammen. So etwa 5000 Euro werden das sein. Kurz vor der Podiumsdiskussion wurde es für die Mitarbeiter des Rathauses noch einmal richtig stressig. Weit über 500 Stühle mussten auf die Schnelle aufgestellt werden, um zumindest den meisten Zuhörern einen Sitzplatz anzubieten. Sie hatten mit 350 Gästen gerechnet und sich gründlich verkalkuliert. An die 1000 Bürger am Donnerstagabend verfolgten die fast zweistündige Diskussion, bei der SZ-Redakteur Wolf Porz und SR-Redakteur Thomas Gerber den Bewerbern um den Bürgermeistersessel auf den Zahn fühlten. Überraschungen gab es keine, die Kandidaten waren sich in vielen Punkten einig.

Auch die Zuhörer nutzten die Gelegenheit, Fragen an die Kandidaten loszuwerden. So wollte Barbara Hess wissen, wie immer wiederkehrende Überschwemmungen am Kontenfeld in Wadern zu stoppen seien. Alle Kandidaten versprachen, Abhilfe zu schaffen. Ebenso waren Barrierenfreiheit und Leerstände in der Innenstadt ein Thema.

Das Gros der Zuhörer war angetan, wie Astrid Müller aus Oberlöstern: "Ich bin sehr zufrieden mit der Veranstaltung. Aber dass es kein Podium für die Kandidaten gab, das war schlecht. Sie waren nicht gut zu sehen." Gleiches bemängelte auch Dr. Gisela. "Ohne Bühne war das sehr schlecht." Was sie aus der Diskussion mit nach Hause genommen hat: "Vieles liegt wohl am Geld."

Martina Rusch aus Nunkirchen steht fest: "Es war sehr spannend, alle Kandidaten mal live zu sehen. Auch um zu hören, wer eher griffig spricht und wer eher ausladend. Herrn Kuttler fand ich sehr gut, Frau Hahn sehr sachlich, Herr Hoffmann hat oft am längsten geredet, und Herrn Simon habe ich bewundert, dass er sich der Diskussion als Einzelkandidat stellt." Reiner Dietzen aus Wadern hätte sich mehr eindeutige Ausssagen zum Thema Geld und Finanzen gewünscht. "Es war einfach schlichtweg zu wenig Konkretes."

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