Simulierte Fahrt ins Erdinnere

Saarbrücken · Ein Museum, das sich mit den Lebensbedingungen der Menschen einer historischen Epoche befasst, sollte nicht nur Informationen vermitteln. Vielmehr sollte es seinen Besuchern ermöglichen, sich zumindest ein bisschen so zu fühlen, wie die Menschen, um die es im Museum geht. Dieses Konzept wurde bislang besonders in Großbritannien gepflegt. Das Bergarbeitermuseum „Les Mineurs Wendel“ in Petite Rosselle hat die Idee aufgegriffen.

 So sah es in der Waschkaue eines Bergwerkes aus. Dort hängten die Bergleute vor Schichtbeginn ihre Straßenkleider und nach der Schicht ihre Arbeitskleider und Schuhe auf. Fotos: Nicole Burkhardt/Musée Les Mineurs Wendel Carreau Wendel

So sah es in der Waschkaue eines Bergwerkes aus. Dort hängten die Bergleute vor Schichtbeginn ihre Straßenkleider und nach der Schicht ihre Arbeitskleider und Schuhe auf. Fotos: Nicole Burkhardt/Musée Les Mineurs Wendel Carreau Wendel

 Ausstellungsraum im Bergarbeitermuseum.

Ausstellungsraum im Bergarbeitermuseum.

 Gebäude des historischen Bergwerkes.

Gebäude des historischen Bergwerkes.

 Besucher auf dem Freigelände.

Besucher auf dem Freigelände.

 Innenleben eines Stollens.

Innenleben eines Stollens.

1200 Meter in die Tiefe geht es für die Besucher des Bergarbeitermuseums "Les Mineurs Wendel" in Petite Rosselle bei Forbach. Unsicherheit lässt sich im Gesicht einer Besucherin erkennen. In dem riesigen, ratternden Aufzug fühlt sie sich nicht wohl. Aber Gerard Brück, Leiter des Museums, klärt seine Gäste schnell auf.

Es handelt sich natürlich nur um eine Simulation. Jederzeit kann man aussteigen, es geht nicht in die Tiefe. Ausstieg ist einige Zeit später in einer anderen Welt. Ein Stollen mit seinen engen Gängen. Werkzeuge, Geräte, Gruben und Stollen, alles soll dem Besucher das Gefühl von damals vermitteln.

Geräusche und Stimmen lassen die Atmosphäre noch authentischer wirken. "Natürlich war die Luft deutlich schlechter", bemerkt Brück. "Und man muss immer an die geothermische Tiefenstufe denken", meint ein äußerst versierter Besucher. Die Erde erwärme sich pro 100 Meter Tiefe um drei Grad. Aber die Besucher "fahren" nicht nur in den beeindruckenden Stollen, sondern erfahren auch etwas über die Geschichte der Lothringer Kohlegruben. Auf 1600 Quadratmetern ist im alten Direktionsgebäude der Grube Wendel mit Fotos, Zeitdokumenten, verschiedenen Video- und Audiobeiträgen Bergmanns-Atmosphäre mit Information verbunden. Die Grube Wendel ist das einzige Bergbaugelände in Frankreich, auf dem die Technik der Kohleförderung vorgestellt wird. Von 1865 bis 1986 war sie in Betrieb.

Endlich wieder am Tageslicht angekommen, erwartet den von der Sonne geblendeten Besucher eine grüne Oase. Kürbisse, Kräuter, Mohrrüben, Tomaten - ein Garten befindet sich mitten auf dem Gelände zwischen rostigen Maschinen und Gebäuden. Tatsächlich hatten die Bergarbeiter der Mine in Petite Rosselle eigene Bergmannsgärten. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts haben die Bergwerksgesellschaften diese Gärten systematisch in die Bergarbeitersiedlungen integriert und jede Bergarbeiterfamilie erhielt ihren eigenen Garten.

Der Garten war nicht nur als Lebensmittelquelle ein wichtiger Bestandteil, er trug auch zur Gestaltung zahlreicher Bergarbeitersiedlungen im lothringischen Kohlebecken bei und diente zur Freizeitbeschäftigung der Bergarbeiter . Kartoffeln, Mohrrüben und Kohl, die Gemüsesorten sind gleich geblieben, damals und heute.

Das Museum widmet den Gärten in diesem Jahr noch bis zum 31. Oktober eine eigene Ausstellung: "Die Gärten der Bergleute". Portraits von Bergleuten ländlicher Herkunft erinnern daran, dass die ersten Bergarbeiter im 19. Jahrhundert zum größten Teil Bauern waren.

In großen, nach Jahreszeiten geordneten Töpfen befinden sich die Gemüsesorten. Tomaten, grüne Bohnen, Petersilie, Salat, Erbsen, Kartoffeln, Karotten, Kohl, Zucchini, Lauch und vieles mehr kennt man aus dem eigenen Gemüsegarten. Auch Obstsorten und Blumen haben die Bergarbeiter angepflanzt. Aus manchen Beeten ließ sich sogar ablesen, ob die Bergleute beispielsweise italienischer, polnischer, algerischer, deutscher, französischer oder marokkanischer Herkunft waren. Je nach Rezepten variierte der Anbau der Kräuter- und Gemüsesorten.

Andere Aspekte der Ausstellung sind die verschiedenen Arten der Gärten, wie beispielsweise Gemeinschaftsgärten oder Privatgärten oder die Bedeutung des Samenhandels und Vorratsstrategien.

Die lebensechte Wiedergabe steht auch im Mittelpunkt der Dauerausstellung. Mithilfe von mündlichen Aussagen von Zeitzeugen des lothringischen Kohlebeckens, Fotografien und persönlichen Gegenständen hat das Museum die Informationen zusammengetragen.

musee-les-mineurs.fr

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