Serie „Arbeitsplatz Krankenhaus“ Sie weiß, was die Kleinen brauchen

Saarbrücken · Wer denkt schon gern ans Krankenhaus – solange er gesund ist? Hauptsache, das Krankenhaus ist da, und wir fühlen uns sicher, weil für den Notfall alles bereit steht: Geräte und vor allem hilfsbereite Menschen. Genau um diese Menschen geht es in unserer Serie „Arbeitsplatz Krankenhaus“. Wir stellen die vor, die uns helfen, falls uns das Glück verlässt. Heute: Anja Schneider.

 Hausbesuch: Kinderkrankenschwester Anja Schneider (rechts) mit der Familie Ganswind – mit Vater Chander Bhan, Mutter Cynthia Ganswind und dem kleinen Rahul, der über eine Sonde ernährt wird.

Hausbesuch: Kinderkrankenschwester Anja Schneider (rechts) mit der Familie Ganswind – mit Vater Chander Bhan, Mutter Cynthia Ganswind und dem kleinen Rahul, der über eine Sonde ernährt wird.

Foto: Iris Maurer

Anja Schneider sitzt mit dem zweijährigen Rahul und seinen Eltern in einer Saarbrücker Wohnung auf der Couch. Sie spielen, lachen und unterhalten sich. Es scheint, als sei eine gute Freundin bei dem Ehepaar zu Besuch.

Aber Anja Schneider ist Case-Managerin des Winterbergklinikums und leitet dort das Nachsorgezentrum mit sieben Mitarbeitern. Seit 2008 gibt es diese Einrichtung, die Familien in bestimmten Fällen eine sozialmedizinische Begleitung nach einem längeren Krankenhausaufenthalt des Kindes ermöglicht. Denn auch wenn es nicht so aussieht - Rahul hat mit seinen zwei Jahren doch schon viel hinter sich: Als Frühchen zur Welt gekommen, erlitt er kurz nach der Geburt eine Hirnblutung, wurde sogar notgetauft, weil die Ärzte glaubten, er würde nicht überleben. Nach einigen Operationen folgte zu Hause eine schwere Virusinfektion. Insgesamt siebenmal war Rahul in dieser Zeit im Krankenhaus.

"Es ist wie ein Wunder, dass er mittlerweile so fit ist", sagt Rahuls Vater Chander. Das, so Chander, verdankt die Familie auch Anja Schneider. Die 45-Jährige begleitet sie seit Rahuls Geburt.

Schneider hilft Eltern von schwer kranken Kindern beim Umgang mit der komplizierten Situation. "Nach einer Geburt sind die meisten Eltern ohnehin unsicher. Wenn dann noch eine Erkrankung dazu kommt, wissen viele nicht, wie sie sich verhalten sollen." Ihnen das beizubringen, ist Anja Schneiders Aufgabe. Sie kommt zum Verbandswechsel, kontrolliert Größe und Gewicht des Kindes und gibt Ratschläge. Außerdem stellt sie den Kontakt zu Physiotherapeuten her oder sorgt für medizinische Hilfsmittel. Dabei arbeitet sie eng mit den Krankenkassen und Kinderärzten der Familien zusammen.

"Es kommt immer darauf an, was die Familie braucht. Manchmal spricht man auch einfach über Probleme, die einen bedrücken." Ziel ist es, so sagt Schneider, dass die Eltern ihr Kind selbst versorgen können. Das Verhältnis zu den Familien sei sehr vertraut. "Man kennt glückliche und traurige Momente aus den letzten Monaten", berichtet Schneider.

Auch auf dem Handy ist sie erreichbar, wenn Eltern Hilfe oder Rat brauchen. "Und ich bekomme so immer die neusten Fotos der Kleinen", erzählt die gelernte Kinderkrankenschwester. Schwierig sei es, sich schließlich von den Familien zu verabschieden. "Eine Mutter hat mir mal zum Trost nach einem bewegenden Abschied gesagt: ,Die Welt da draußen braucht sie. Sie müssen noch vielen anderen helfen'", erzählt Schneider. Dass sie für die Familien so wichtig werden würde, habe sie sich nicht vorstellen können. Nun sind es Momente wie diese, die sie bei ihrer Arbeit motivieren.

Bis 2013 war Schneider 23 Jahre auf der Kinderintensivstation tätig. Für den Beruf habe sie sich als Jugendliche nach einer Operation ihres jüngeren Bruders entschieden.

Ihre Weiterbildung zur Case-Managerin hatte mehrere Gründe: "Ich wollte mal was Neues machen. Außerdem war es mir immer wichtig, Menschen auf ihrem Weg zu begleiten." Wenn sie aus dem Krankenhaus kommen, seien sie schließlich mehr oder weniger auf sich selbst gestellt. Rahul und seiner Familie hat Anja Schneider geholfen: "Wir sind extrem froh, dass es sie gibt", sagt Rahuls Mutter Cynthia.

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