Sie „wandern“ im Kollektiv

Saarbrücken · In Belgien und in der Theaterhochburg Paris hat das „Raoul Collectif“ mit seinem Stück „Le Signal du Promeneur“ (Das Zeichen des Wanderers) insgesamt drei Preise eingeheimst.

 Die Akteure der Theatergruppe Raoul Collectif führen ein Leben im Turbogang. Foto: Cici Olsen

Die Akteure der Theatergruppe Raoul Collectif führen ein Leben im Turbogang. Foto: Cici Olsen

Foto: Cici Olsen

Die Signale sind schwach. David Murgias Stimme klingt über Handy wie vom Mond. Nur im Auto, unterwegs zwischen zwei Proben, hat der Schauspieler vom Raoul Collectif kurz Zeit zu sprechen. Die junge belgische Truppe hat mit ihrem ersten Theaterstück offenbar den Nerv der Zeit getroffen. Mit "Le Signal du Promeneur" kassierten sie 2012 auf Anhieb drei Preise, sowohl in Belgien als auch in der Theaterhochburg Paris.

Seitdem führen die fünf "Wanderer" ein Leben im Turbogang, sind mit ihrem Erstlingswerk ständig auf Tour und nebenbei noch in anderen Compagnien aktiv. Die fünf Belgier waren zusammen auf der Schauspielschule. Sich danach, wie üblich, bei Theatern und bestehenden Compagnien zu bewerben, genügte ihnen nicht. "Da muss man sich dann als Schauspieler ja allen möglichen Vorgaben beugen, denen des Produzenten, des Regisseurs und so weiter", sagt Murgia. Er ist der Bruder des bekannten Regisseurs Fabricio Murgia, der mehrfach bei den Perspectives gastierte.

David Murgia gründete lieber mit seinen vier Kumpels eine eigenes Kollektiv. "Wir wollen ‚acteurs-créateurs' sein", betont er. Also Schauspieler, die selbst kreieren. "Und das Kollektiv erlaubt uns, die ganze Verantwortung selbst zu tragen." Auch im "Signal des Spaziergängers" geht es um Zwänge und wie man aus ihnen ausbrechen kann, es zumindest versucht. Um nichts weniger als die Zwänge unseres "neoliberalen Systems" geht es da. "Wir sind alle fünf so zwischen 20 und 30 und haben uns gesagt, wenn die Welt so weitermacht, bleibt für unsere Kinder einmal nichts mehr übrig", erklärt Murgia. Neue Wege, Lösungen, auch für den Einzelnen, könne man nur gemeinsam, im Kollektiv, finden, so ihre Botschaft. Das haben sie auch in ihrer Arbeitsweise in dem Stück umzusetzen versucht. Ohne vorherigen Plan, ohne "Pilot", sprich Regisseur, der den Weg weise, so Murgia. Alles ist auf der Bühne selbst entwickelt worden, mit Improvisationen, gemeinsamer Lektüre von Zeitungsartikeln zu den Problemen der Zeit und Büchern, die sie inspirierten.

Auch Politiker, Forscher, Aktivisten und Philosophen versuchen ja ständig, die Welt zu retten. Was hat ihnen das Theater voraus? Ausgerechnet jetzt wird die Handyverbindung noch schlechter. Nur noch Stichworte wie "Kreation", "konstruktiv", "Energie" kommen über den Äther.

Also abwarten bis zum 30. und 31. Mai. Dann beweisen sie es uns in ihrer Deutschlandpremiere bei den Perspectives.

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