"Sie rufen Jamaika zum Vertragsbruch auf"

Saarbrücken. Der Streit um die "Stadtmitte am Fluss" stand im Mittelpunkt des Schlagabtauschs der Oberbürgermeister-Kandidaten am Donnerstagabend in der vollbesetzten Villa Lessing

 SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (Mitte) moderierte in der Villa Lessing die Diskussion mit den Oberbürgermeisterkandidaten Peter Strobel (CDU), Charlotte Britz (SPD), Claudia Willger (Bündnis 90/Die Grünen) und Friedhelm Fiedler (FDP, von links). Fotos: Iris Maurer

SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (Mitte) moderierte in der Villa Lessing die Diskussion mit den Oberbürgermeisterkandidaten Peter Strobel (CDU), Charlotte Britz (SPD), Claudia Willger (Bündnis 90/Die Grünen) und Friedhelm Fiedler (FDP, von links). Fotos: Iris Maurer

Saarbrücken. Der Streit um die "Stadtmitte am Fluss" stand im Mittelpunkt des Schlagabtauschs der Oberbürgermeister-Kandidaten am Donnerstagabend in der vollbesetzten Villa Lessing. Unter der Moderation von SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst griffen Claudia Willger (Grüne), Peter Strobel (CDU) und Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) die Anti-Tunnel-Kampagne von FDP-Kandidat Friedhelm Fiedler scharf an. Willger betonte: "Sie fordern mit der Ablehnung des Autobahntunnels die Jamaika-Koalition im Land zum Vertragsbruch auf." Denn CDU, Grüne und FDP hätten sich im Koalitionsvertrag zur "Stadtmitte am Fluss" bekannt. Willger: "Alle müssen wissen, dass Sie damit die Saar-FDP an der Nase herumführen." Es stimme auch nicht, dass Fiedler als Oberbürgermeister die Tunnel-Planung stoppen könne, denn das gehe nicht ohne Stadtrat und die Landesregierung.Strobel kritisierte, dass der FDP-Kandidat nur "destruktiv" agiere. Saarbrücken brauche diese Investition, damit Leute von außerhalb künftig sagen: "Das müssen wir uns anschauen." Britz erklärte erneut: "Das Projekt wird nur umgesetzt, wenn es finanzierbar ist." Sie warb dafür, bei der Bundesregierung weitere Zuschüsse als die zugesagten 64 Millionen Euro zu fordern. Doch Fiedler präsentierte einen Brief des Bundesverkehrsministeriums, in dem drinstehe, dass es keinen Cent mehr aus Berlin geben werde. Nach den jetzigen Berechnungen blieben 130 Millionen Euro jeweils an Stadt und Land hängen, sagte Fiedler. Nach seiner Meinung könne mit dem sogenannten Flüsterasphalt die Lärmbelastung um 70 Prozent auf der Stadtautobahn gesenkt werden. Fiedler forderte, statt in den Tunnel in Bildung zu investieren. Er setzte sich für kostenlose Kindergärten und flächendeckende Ganztagsgrundschulen ein. Die Oberbürgermeisterin sagte, sie wolle auch in der nächsten Förderperiode der Europäischen Union ab 2013 Zuschüsse für die "Stadtmitte am Fluss" beantragen. Jetzt warte sie darauf, dass die Landesregierung die Finanzierungsvereinbarung mit der Stadt absegne.

Die Planer müssten nun die Entscheidung über den Tunnel 2013 vorbereiten. Britz: "Diese Unterlagen sind wichtig für weitere Zuschüsse des Bundes." Die SPD-Politikerin machte außerdem deutlich: "Die Bürger sollen mitentscheiden. Wir werden nichts gegen die Bürger tun." Britz und Fiedler waren aber nicht nur auf Konfrontationskurs. Auf die Frage von Peter Stefan Herbst, wer wen zu seinem Wahlkampfmanager machen würde, wenn sie nicht Gegenkandidaten wären, wollten beide zusammenarbeiten. Strobel entschied sich für Willger. Doch die wollte lieber ein Frauen-Duo mit Britz bilden.

Hintergrund

 Die Diskussion lockte sehr viele Zuhörer an.

Die Diskussion lockte sehr viele Zuhörer an.

An der Amtsführung von Charlotte Britz kritisierte CDU-Kandidat Peter Strobel vor allem die schlechte Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land: "Es gab kein Projekt, das nicht zerrieben wurde." Saarbrücken habe sich nur weiterentwickelt, weil Private investiert haben. Strobel: "Hier hätte mehr passieren müssen." Er forderte mehr Wirtschaftswachstum, um Menschen in Arbeit zu bringen und Großprojekte zu finanzieren. Friedhelm Fiedler gefällt nicht, dass Saarbrücken immer noch schmutzig sei. Auch die hohen Parkgebühren sind ihm ein Dorn im Auge. Claudia Willger setzte sich ebenfalls dafür ein, dass Stadt und Land enger zusammenarbeiten. Sie forderte auch mehr Wohnraum für Studenten, um die Abwanderung zu stoppen. Britz entgegnete, Saarbrücken habe 100 000 sozialversicherungspflichtige Jobs, doch es sollen mehr werden. Zum Thema Sauberkeit sagte Britz, sie habe einen Ordnungsdienst durchgesetzt, um Müllsünder in der Stadt zu bestrafen. sm

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