Sie lehren den Umgang mit Geld

Saarbrücken. Auf dem Büroschreibtisch von Anette Weiß (41) in Gersweiler steht eine Schale mit bunten Fruchtgummis in Ein-Euro-Form: Geld, die süße Versuchung. Geldausgeben könne leicht und verführerisch sein, sagt die gelernte Bankkauffrau und Bankfachwirtin: "Viele geben einfach mehr aus, als reinkommt

 Geldlehrerin Anette Weiß in Gersweiler. Foto: Iris Maurer

Geldlehrerin Anette Weiß in Gersweiler. Foto: Iris Maurer

Saarbrücken. Auf dem Büroschreibtisch von Anette Weiß (41) in Gersweiler steht eine Schale mit bunten Fruchtgummis in Ein-Euro-Form: Geld, die süße Versuchung. Geldausgeben könne leicht und verführerisch sein, sagt die gelernte Bankkauffrau und Bankfachwirtin: "Viele geben einfach mehr aus, als reinkommt. Kreditkarten, Leasingverträge, Finanzierungen und Ratenzahlungen machen das Geldausgeben einfach. Die Gier ist häufig größer als der Verstand." Die Ursache dafür? "Den Leuten fehlt die finanzielle Kompetenz", meint Weiß. "Woher sollen sie die auch haben? Eigentlich müsste in Schulen ein Fach für ökonomische Bildung eingeführt werden."Dazu will Weiß einen praktischen Beitrag leisten. Auf ihrer schwarzen Bluse prangt die Aufschrift: "Geldlehrer Deutschland e.V.". Seit der Gründung im Dezember 2010 engagiert sich der Verein "für die finanzielle Bildung" von Schülern. Weiß ist eine von 69 ehrenamtlichen Geldlehrern deutschlandweit, die in Schulen gehen, um jungen Menschen einen selbstverantwortlichen Umgang mit Geld beizubringen. "Wir alle arbeiten ehrenamtlich", unterstreicht sie, "stellen kostenloses Lehrmaterial zur Verfügung, und die Schüler bekommen auch ein Buch und einen Taschenrechner geschenkt." Seit ein paar Wochen läuft ihre AG am Deutsch-Französischen Gymnasium (DFG). 15 Schüler der zehnten Klasse besuchen "freiwillig meinen Geldunterricht", sagt sie strahlend, "und fragen mir Löcher in den Bauch". Das Interesse der 15- bis 17-Jährigen, sich noch zusätzlich "mindestens 22 Stunden Geldunterricht" aufzubrummen, zeige, dass es bei den Jugendlichen "viele offene Fragen bei Finanzdingen" gebe, meint Weiß, die selbst Mutter zweier Teenager ist. Die Arbeit mit den "aufgeweckten Schülern macht unheimlich Spaß", sagt sie. 2900 Euro hat sie sich nach eigener Auskunft den Lehrgang zur Geldlehrerin in Neuss kosten lassen.

"Ich will jungen Menschen Dinge vermitteln, die wichtig und notwendig sind in unserer Welt", beschreibt sie ihre Motivation. 19 Jahre war sie bei einer Bank beschäftigt, heute arbeitet sie als selbstständige Beraterin; die komplexen Finanzprodukte würden von den wenigsten verstanden, meint sie. Sie zückt ihren Taschenrechner. Die oberste Leiste ist rot eingefärbt. Auf einer Taste steht "Jahre", daneben der Zinseszins oder " Start". Für die Schüler ein ungewöhnlicher Rechner, aber einer, der Kredite, Leasingverträge oder die Altersversorgung berechnet. "Meinen Schülern bringe ich bei, wie sie die Finanzprodukte bei einer Bank einfach nachvollziehen können. Sie sollen wissen, was ihr Gegenüber vorrechnet. Egal, ob das die Riesterrente, eine Baufinanzierung oder der Leasingvertrag für ein Auto ist." Ihre Finger fliegen über die Tastatur. "Am Ende meines Kurses können die Schüler nicht nur den Rentenbescheid ihrer Eltern entschlüsseln, sondern auch ausrechnen, wie hoch die Rente sein wird." Derzeit ist Weiß die einzige Geldlehrerin im Saarland. "Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Finanzexperten finden, die Lust haben, sich ehrenamtlich zu engagieren." Ihr Engagement will sie ausbauen: "Das DFG soll nicht die einzige Schule bleiben, die einen Geldunterricht bekommt." Das langfristige Ziel sei aber, dass Schulen ein Finanzfach einführten.

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