Sie folgen dem Ruf des Fasanenkükens - „Tjurip“

Saarbrücken · Wo früher eine Textilfabrik war, breitet sich derzeit junge Kunst aus. Studierende der Hochschule der Bildenden Künste Saar haben ein riesiges, leerstehendes Bürogebäude entdeckt und als Kunstzentrum auf Zeit hergerichtet. Da das Haus im Fasanenweg, im Saarbrücker Osten steht, haben sie es Tjurip genannt, nach dem Ruf des Fasanenkückens.

Die Direktorin der Hochschule der Bildenden Künste (HBK), Gabriele Langendorf, knickte bei der Eröffnung die Beine ein: "Ich falle gleich auf die Knie", sagte sie und drückte ihre Gefühle mit Worten wie "saustolz" oder "ihr habt die Messlatte verdammt hoch gelegt" aus. Selten zeigt die Professorin ihre Freude in diesem Maß. Der Grund hierfür war die Ausstellung "tjurip". Auf über 4000 Quadratmetern sind noch bis Ende Oktober die Diplomarbeiten von sieben Kunststudenten zu sehen. Ausstellungsräume in diesen Dimensionen kennt man sonst nur von etablierten Museen in Großstädten. Die riesigen, quadratischen Räume waren ehemals Großraumbüros einer Textilfabrik, erbaut 1969, dann einer Chemiefabrik, zuletzt stand das Gebäude leer. Wer hätte gedacht, dass hier mal riesige Installationen, Videoarbeiten und Performance gezeigt werden?

Fast jeder der sieben Künstler hat eine eigene Etage und nutzt diese auf seine ganz eigene Art und Weise. Wie in einem Schwimmbecken fühlt man sich im abgedunkelten Erdgeschoss. Das Gluckern von Wasser ist zu hören, man sieht ein Wasserbecken von Innen an die Wand projiziert. Ein leuchtendes Blau, Wellenbewegungen des Wassers. Aus dem Nichts springt ein junger Mann von unten ins Bild. Das Video von Thilo Seidel ist umgedreht, die Wasserunterseite ist scheinbar die Oberfläche. Nicht nur hier tauchen die Besucher in eine besondere Atmosphäre ein.

Im obersten Stockwerk befindet sich eine vollkommen andere Arbeit von Maria Seitz. Schmale Papierstreifen hängen in gleichmäßigen Abständen dicht nebeneinander und bilden Gänge. Von außen betrachtet eine geschlossene Einheit. Beim Durchstreifen der Arbeit, durchbricht man das Ganze und fühlt sich als Teil des quadratischen Gebildes. Je nach Geschwindigkeit verdichten sich die Streifen oder erscheinen jeder für sich.

Unglaublich viel Arbeit mussten Studenten für diese vier Wochen auf sich nehmen. Planen, organisieren, streichen, putzen, einrichten, Werbung machen und vieles mehr gehörte zu den Aufgaben der Absolventen. Gleichzeitig schaffen die Studenten in dem Gebäude Raum für andere Künstler: Musiker, Psychologen, Idealisten, Astronomen, Journalisten sind unter anderem eingeladen, um Konzerte, Lesungen, Performance oder eine Verschenkbörse zu veranstalten. Jedes Wochenende stehen mehrere Veranstaltungen auf dem Programm.

Öffnungszeiten freitags und samstags 15 bis 19 Uhr und sonntags 12 bis 17 Uhr. Programminfos im Internet

tjurip.jimdo.com

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