„Schönheit der Vielfalt“

Saarbrücken · Zwei Tage lang widmeten sich Mitglieder des Sufi-Ordens in Saarbrücken Fragen des friedlichen Zusammenlebens, einer neuen Bedeutung von Weiblichkeit und der spirituellen Erfahrung Gottes.

 Cheikh Khaled Bentounes, der Ehrenpräsident von AISA-International. Foto: Becker&Bredel

Cheikh Khaled Bentounes, der Ehrenpräsident von AISA-International. Foto: Becker&Bredel

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Sie kamen aus Frankreich, Deutschland, Algerien, Tunesien, Belgien und den Niederlanden: Über 400 Angehörige des Sufi-Ordens der Alawiyya trafen sich am Montag und Dienstag in Saarbrücken, um hier den Jahreswechsel auf etwas andere Weise zu begehen. Unter dem Motto "Schönheit der Vielfalt", widmeten sie sich zwei Tage in der Congresshalle Fragen des friedlichen Zusammenlebens, einer neuen Bedeutung von Weiblichkeit und der spirituellen Erfahrung Gottes.

Der Sufismus, hierzulande meist nur verkürzt als "Tanz der Derwische" ein Begriff, ist eine mystische Richtung des Islam, die, neben dem Leben nach dem Koran, versucht, "sich diesem Gott zu nähern, ihn zu spüren", etwa in der Meditation, wie es Mhammed el Carrouchi, Vorsitzender der Organisation AISA Deutschland formuliert, die den Kongress gemeinsam mit der AISA Saar-Lor-Lux und der AISA International ausgerichtet hat.

AISA ist eine europaweite Vereinigung der Alawiyya-Sufis, deren Orden auf den algerischen Gelehrten und Sufi Cheikh Ahmed Ibn Mustapha al-'Alawi (1869-1934) zurückgeht. Heute hat er nach Schätzungen weltweit 100 000 Anhänger. Al-'Alawis Nachfolger und aktueller spiritueller Lehrmeister des Alawiyya-Ordens ist der in Paris lebende Cheikh Khaled Bentounes, der zur Eröffnung des Kongresses auf einer Podiumsdiskussion über das "harmonische Zusammenleben in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft" sprach. Entscheidend dafür, dass dies gelingt, so Bentounes Botschaft, sei, dass die Menschen weltweit die Barrieren, die wir in uns trügen, überwinden, "die Religionen sich durchdringen" und sich auf die gemeinsamen Grundlagen, die man für ein Zusammenleben brauche, besinnen. "Diese Grundlage ist der Weg des Friedens, man darf ihn nicht nur als interreligiösen Dialog kultivieren, sondern muss ihn auch auf den Bereich der Ökonomie übertragen", so das Oberhaupt Bentounes, der in Frankreich etwa die "Muslimischen Pfadfinder" gegründet hat und für sein Engagement für Frieden und Dialog mehrfach ausgezeichnet wurde.

Begeistert von Saarbrücken

Mit ihm auf dem Podium saß die bekannte muslimische Religionspädagogin und Buchautorin Lamya Kaddor aus Dinslaken. Sie mahnte, dass Muslime in Deutschland noch immer diskriminiert würden und wandte sich gegen Sonderwege wie einen deutschen, arabischen oder Euro-Islam. Vielmehr plädierte sie dafür, "einen Islam zu leben, der den Ansprüchen dieser Zeit gerecht wird". Es gehe dabei um die Frage, "ob wir unter uns bleiben oder ein Teil der Gesellschaft werden wollen", sprach sich auch Cheikh Bentounes für eine Bereitschaft der Muslime zur Veränderung aus.

Was "Weiblichkeit" in den jüdischen, christlichen und muslimischen Religionen und Gesellschaften bedeutet und was Männer davon lernen können, damit befasste sich eine Podiumsdiskussion am zweiten Tag, den die Teilnehmer mit einem spirituellen Abend mit Rezitation, Gesang und Lesungen bis um ein Uhr ausklingen ließen. Er hätte den ersten Jahresendkongress der AISA in Deutschland ja ursprünglich lieber in Frankfurt veranstaltet, gestand Mhammed el Carrouchi.

Doch nun sei er von Saarbrücken, der Offenheit und Herzlichkeit, mit der man hier von den Bürgern und vor allem der Oberbürgermeisterin Britz aufgenommen worden sei, völlig begeistert.

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