„Schmerzgrenze ist überschritten“

Saarbrücken · Die Mitarbeiter des Klinikums auf dem Winterberg sind ausgebrannt, erklärt die Gewerkschaft Verdi und ruft zu einer Mahnwache vor dem Rathaus auf. Die Finanznot und die hohe Belastung der Beschäftigten seien aber ein bundesweites Problem der Kliniken, kontert Geschäftsführerin Susann Breßlein.

 Die Arbeitsbelastung im Klinikum ist hoch. Trotzdem müssen 2013 die Personalkosten sinken, um unter anderem die Tariferhöhung auszugleichen, sagt die Geschäftsführung. Archiv-Foto: Becker&Bredel

Die Arbeitsbelastung im Klinikum ist hoch. Trotzdem müssen 2013 die Personalkosten sinken, um unter anderem die Tariferhöhung auszugleichen, sagt die Geschäftsführung. Archiv-Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

. Zu einer 24-Stunden-Mahnwache vor dem Rathaus unter dem Titel "Winterberg. Auf. Schrei" ruft die Betriebsgruppe der Gewerkschaft Verdi am Klinikum die Beschäftigten für heute auf. Hintergrund ist die hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeiter. In ihrem Aufruf schreibt Verdi: "In allen Bereichen ist die Schmerzgrenze überschritten. Ob auf den Stationen, in der Küche oder Wäscherei, ob im Operationssaal oder in der Verwaltung: Die Arbeit ist kaum noch zu bewältigen. Wir sind ausgebrannt und mit unserer Kraft am Ende. Wir können nicht mehr."

Allerdings spricht Verdi nicht für alle Beschäftigten des Klinikums. 30 Prozent der Belegschaft seien in der Gewerkschaft organisiert, erklärt Michael Quetting, Sekretär für den Fachbereich Gesundheit. Er weist darauf hin, dass die Situation an den anderen Krankenhäusern im Regionalverband "ähnlich dramatisch" sei, das Winterberg-Klinikum also kein Einzelfall. In dieser kritischen Situation habe die Geschäftsführung des Klinikums nun entschieden, die Personalkosten noch mal um zwei Prozent zu senken. In dem Aufruf zur Mahnwache heißt es dazu: "Wir sind es leid, dass die ungenügende finanzielle Ausstattung lediglich und stets auf dem Rücken von uns Beschäftigten ausgetragen wird."

Quetting fordert ein Gesetz, das eine feste Zahl von Mitarbeitern ab einer bestimmten Patientenzahl vorschreibt. Verdi befürchtet sogar, dass Menschenleben in Gefahr sind, wenn sich an der Situation der Krankenhäuser nichts ändert. "Dann werden die Skandale im Gesundheitswesen zunehmen und mit ihnen die Zahl der Todesfälle aufgrund ungenügender medizinischer und pflegerischer Versorgung", betont die Verdi-Betriebsgruppe. Nach Angaben der Gewerkschaft fehlen derzeit 386 Arbeitsplätze im Klinikum. Quetting hofft, dass auch viele Mitarbeiter anderer Kliniken an der Mahnwache vor dem Rathaus teilnehmen, die am Vortag des 64. Jahrestages des Grundgesetzes stattfinde. In Artikel 1 steht: "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Die aktuellen Arbeitsbedingungen seien unwürdig, sagt Quetting. Es gehe den Beschäftigten darum, Zeichen zu setzen.

Geschäftsführerin Susann Breßlein hat wenig Verständnis dafür, dass Verdi das Klinikum in den Mittelpunkt der Protestaktion rückt. Denn alle Krankenhäuser im Saarland und bundesweit litten unter Finanzproblemen. Auch sie habe sich für eine bessere Finanzausstattung stark gemacht und freue sich, dass die Krankenkassen nach einem Beschluss in Berlin nun in diesem und nächstem Jahr eine Soforthilfe von 1,1 Millionen Euro an die Kliniken zahlen müssten. Das reiche aber nicht, betont Breßlein. 3,5 Millionen Euro fehlten dem Klinikum in diesem Jahr unter dem Strich. Einem Plus bei den Einnahmen von 1,3 Prozent stünden Mehrausgaben durch Tariferhöhungen und gestiegenen Energiekosten von drei bis vier Prozent gegenüber. Deshalb müssten die Personalkosten um zwei bis drei Prozent sinken. Die Zahl der 2000 Mitarbeiter werde aber nicht sinken, versicherte die Geschäftsführerin. Das Klinikum versuche, Leistungen günstiger zu erbringen.

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