Schlagabtausch über Wohnsitz und Kruzifix

Saarbrücken · Sollen Flüchtlinge dazu gezwungen werden, auf dem Dorf zu wohnen? Und gehört Religion in den Gerichtssaal? Um diese Fragen ging es gestern beim Landesfinale des Wettbewerbs „Jugend debattiert“ auf dem Saarbrücker Halberg. Überzeugt haben am Ende vier Schüler, die das Saarland nun beim Bundesentscheid vertreten dürfen.

 Die Erstplatzierte Emily Vontz neben Justin Gesellchen (Platz 3) beim Landesfinale von „Jugend debattiert“. Foto: Becker&Bredel/SR

Die Erstplatzierte Emily Vontz neben Justin Gesellchen (Platz 3) beim Landesfinale von „Jugend debattiert“. Foto: Becker&Bredel/SR

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Wenn Reiner Veeck mit seinem achtjährigen Sohn diskutiert, zieht er meistens den Kürzeren. Vor allem, wenn es um die Frage geht: "Gehen wir zu McDonald's oder gibt es etwas Essbares?" Mit dieser Anekdote beschrieb der Landeskoordinator des Rhetorikwettbewerbs "Jugend debattiert" gestern, warum es wichtig ist, gut argumentieren zu können. Dass sie das schon mit Bravour beherrschen, bewiesen gestern 16 Schüler beim Landesentscheid von "Jugend debattiert" beim Saarländischen Rundfunk auf dem Halberg.

Nach zwei Qualifikationsrunden mussten sich die acht Besten (jeweils vier Kandidaten pro Altersgruppe) im Finale beweisen. Die Spielregeln: Je zwei Schüler vertreten eine Position - entweder Pro oder Kontra - zu einem Thema. Dann beginnt die Debatte, in der auf eine zweiminütige Eröffnungsrede pro Person ein zwölfminütiger Schlagabtausch ("freie Aussprache") folgt. Am Ende bekräftigt jeder Schüler in einer Minute abschließend seine Meinung.

Besonders gut gelang das Emily Vontz vom Hochwald-Gymnasium in Wadern. Die 15-Jährige schaffte es für die Sekundarstufe I in der Finalrunde auf den ersten Platz. Ihre Unterstützer im Publikum: "27 Fans plus meine Lehrer", sagt Emily und lacht. Freundin Lena kennt sie seit dem Kindergarten und kann ihr eines bescheinigen: "Sie ist sehr selbstbewusst." Wortgewandt trat Emily für die Einführung einer sogenannten Wohnsitzauflage für Flüchtlinge ein. Ihre Position: "Wenn Flüchtlinge auf dem Land leben, dann profitieren sie davon." Widerspruch kam vom Zweitplatzierten Hannes Hofer vom Gymnasium am Rotenbühl. Flüchtlinge sollten beim Wohnsitz dieselbe Wahlfreiheit haben wie deutsche Staatsbürger, argumentierte er. Dieser Hinweis auf die Grundrechte fand viel Lob vonseiten der Jury, in der unterem anderem Burkhard Jellonek vom Landesinstitut für Pädagogik und Medien (LPM) und die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Barbara Spaniol , saßen.

Justin Gesellchen vom Illtal-Gymnasium in Illingen und Franca Thiel vom Homburger Saarpfalz-Gymnasium kamen auf die Plätze drei und vier.

Weiter ging es mit der Sekundarstufe II, in der wiederum vier Schüler gegeneinander antraten, von denen sich nur zwei für das Bundesfinale in Berlin qualifizieren konnten. Die Fragestellung war auch hier hochaktuell: Sollen religiöse Symbole aus öffentlichen Gebäuden verbannt werden? "Auf jeden Fall!", fand die 18-jährige Sarah Detembel vom Warndt-Gymnasium in Völklingen. Sprachgewandt legte sie ihre Positionen dar und setzte sich in der Diskussion mit den Argumenten von Linus Hofmann vom Homburger Saarpfalz-Gymnasium auseinander. Sarah sicherte sich Platz eins, Linus verpasste mit Platz drei nur knapp das Ticket nach Berlin.

Gute Argumente für das Aufhängen von Kreuzen in Gerichtssälen fand Maja Günther vom Marie-Luise-Kaschnitz-Gymnasium in Völklingen. Sie durfte sich über Platz zwei freuen. Die Zwölftklässlerin Lara Leist von der Gemeinschaftsschule in Marpingen ging als Viertplatzierte aus dem Schlagabtausch hervor.

Stellvertretend für das Kultusministerium, das neben dem Landtag und Stiftungen wie der gemeinnützigen Hertie-Stiftung den Wettbewerb fördert, erschien Staatssekretärin Andrea Becker (SPD ). "In Zeiten, in denen ganz viel gebrüllt wird, ist das Erlernen einer demokratischen Streitkultur besonders wichtig", sagte sie.

In diesem Jahr nahmen im Saarland rund 5000 Schüler aus 29 Schulen an "Jugend debattiert" teil.

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