Scherben bringen hier wirklich Glück

Saarbrücken · Am Römerkastell sind Archäologen, Denkmalpfleger und engagierte Mitarbeiter auf der Suche nach römischen und sogar keltischen Funden.

 Im Zuge der Baumaßnahmen am Osthafen-Gelände sind auch die Archäologen bei der Arbeit. Hinten: Hans Mildenberger (Stadt Saarbrücken) und Constanze Höpken vom Landesdenkmalamt. Vorne in der Grube Grabungsleiter Dieter Vollmann. Foto: Iris Maurer

Im Zuge der Baumaßnahmen am Osthafen-Gelände sind auch die Archäologen bei der Arbeit. Hinten: Hans Mildenberger (Stadt Saarbrücken) und Constanze Höpken vom Landesdenkmalamt. Vorne in der Grube Grabungsleiter Dieter Vollmann. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Die archäologischen Grabungen sind kaum einzusehen. Zu unübersichtlich sind Grundstücke, Zäune und Vegetation. Aber sie liegen direkt neben der kleinen Grünfläche mit den Überresten der römischen Siedlung (Vicus) am Römerkastell. Derzeit werden dort in enger Abstimmung von Landesdenkmalamt, Landeshauptstadt und Möbel Martin archäologische Sondierungen vorgenommen.

Impuls ist der geplante Neubau von Möbel Martin in unmittelbarer Nähe. An fünf verschiedenen Stellen wurden dafür ungefähr einen Meter tiefe Gräben ausgehoben, Mauerflächen freigelegt, Funde registriert und Befunde dokumentiert.

Für den Laien ist nicht viel zu erkennen, und großartige Kleinfunde wie Münzen oder Schmuck wurden auch nicht gemacht. Trotzdem ist die Grabung für die Archäologen und Denkmalpfleger vor Ort eine kleine Sensation.

"Wir haben hier das römische Fundamentmauerwerk eines Kastells in unmittelbarer Nähe des römischen Vicus. An wenigen Stellen wurde das Fundament nicht gestört, es ist relativ unberührt. Daher können wir noch tiefer graben, unter die römischen Mauern, und können dann sehen, ob es hier vielleicht eine keltische Vorgängerstruktur gegeben hat. Das ist sehr spannend", erklärt Josef Baulig, Leiter des Landesdenkmalamtes.

Der römische Vicus und das römische Kastell, die sich an diesem Ort befunden haben, wurden bereits in den 1920er und 1960er Jahren erforscht. Aber viele Unterlagen sind im Krieg zerstört, und der Ort selbst wurde durch den Bau der Silos und der Gleisanlagen stark überbaut und gestört.

Um die Flächen zu finden, wo sich eine Grabung lohnen könnte, musste daher im Vorfeld recherchiert werden. "Wir haben viel historisches Kartenmaterial übereinander gelegt und miteinander verglichen", erklärt Hans Mildenberger, Denkmalpfleger der Landeshauptstadt Saarbrücken. Er wurde dabei von Michael Botor, vom Projekt Archiv, unterstützt. Und dabei haben sie auch herausgefunden, dass die Römerbrücke, die man bisher direkt vor den Silos vermutet hatte, an dieser Stelle wohl nicht existierte. "Der Steinquader in der Saar, den man bisher als Fundament der Römerbrücke interpretierte, ist eher der Überrest einer unvollendeten barocken Schleuse", vermutet Hans Mildenberger nach den aktuellen Recherchen.

Die Grabungen kommen gut voran, das liegt auch an der engagierten Unterstützung, die man hier hat. Denn tatsächlich werden die Arbeiten von den Teilnehmern des Projektes "Kulturerbe der Landeshauptstadt Saarbrücken" durchgeführt. In dieser Maßnahme werten Langzeitarbeitslose, die vom Jobcenter des Regionalverbandes ausgesucht wurden, kulturell bedeutsame Orte in der Stadt auf. Das Projekt ist sehr erfolgreich. Denn während bei den ersten Arbeiten im letzten Sommer an der Aschbachkirche in Gersweiler noch hauptsächlich verwilderte Vegetation entfernt wurde, können die Teilnehmer mittlerweile richtig gut mitarbeiten.

"Während ich den Befund des römischen Mauerwerks skizziert habe, hat einer der Mitarbeiter die Steine ausgemessen", sagt Dieter Vollmann, promovierter Archäologe und örtlicher Grabungsleiter. "Die Mitarbeiter sind sehr engagiert, sie haben sogar zu Beginn der Grabung das Museum für Vor- und Frühgeschichte besucht, um sich römische Funde anzuschauen und erkennen zu können", erzählt Dieter Vollmann weiter.

Das hat ihr Auge so gut geschult, dass sie sogar eine nicht einmal zwei Zentimeter große Scherbe in all dem Geröll gefunden haben. Und diese Scherbe erfreut Constanze Höpken, promovierte Archäologin und Mitarbeiterin des Landesdenkmalamtes. "Material und Farbe dieser Scherbe zeigen, dass sie aus Trier kommt und in das 3. Jahrhundert zu datieren ist. Das bestätigt die Datierung der Grabung", erzählt sie.

Was mit den freigelegten Mauerwerken nach der Grabung passiert, ist noch nicht ganz klar. Eine Erweiterung der benachbarten Grünfläche mit den Resten des römischen Vicus wäre aber vorstellbar und wünschenswert, da sind sich die Archäologen einig.

Zum Thema:

Das Projekt "Kulturerbe der Landeshauptstadt Saarbrücken" ist eine Arbeitsgelegenheitsmaßnahme für Langzeitarbeitslose. In dem Projekt werden kulturelle, kunst- oder regionalgeschichtlich bedeutsame Orte in der Stadt gepflegt und aufgewertet. Die Maßnahme wird von der ZBB, Zentrum für Bildung und Beruf Saar gGmbH, betreut und vom Stadtplanungsamt/ Denkmalschutz wissenschaftlich begleitet. Die Teilnehmer wurden vom Jobcenter des Regionalverbandes ausgesucht. Die Maßnahme endet am 30. Juni.

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